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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Entwicklung einer Safety-Planning Smartphone-App zur Reduktion des Suizidrisikos unter Jugendlichen (EMIRA)

Meeting Abstract

  • Matthias Lühr - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, Universität Ulm und BKH Günzburg, Deutschland
  • Tamara Großmann - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, Universität Ulm und BKH Günzburg, Deutschland
  • Nadine Bayer - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, Universität Ulm und BKH Günzburg, Deutschland
  • Jörg Fegert - Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie, Universität Ulm, Deutschland
  • Miriam Rassenhofer - Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie, Universität Ulm, Deutschland
  • Sabine Müller - Kinder- und Jugendpsychiatrie Weissenau, ZfP Südwürttemberg, Deutschland
  • Frank Happich - Kinder- und Jugendpsychiatrie Weissenau, ZfP Südwürttemberg, Deutschland
  • Ulrike Schulze - Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Böblingen, ZfP Calw, Deutschland
  • Ulrich Reininghaus - Abteilung Public Mental Health, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim, Universität Heidelberg, Deutschland
  • Daniel Buschek - Professur für Mobile Intelligent User Interfaces, Fakultät für Informatik, Universität Bayreuth, Deutschland
  • Nathalie Oexle - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II, Universität Ulm und BKH Günzburg, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf199

doi: 10.3205/24dkvf199, urn:nbn:de:0183-24dkvf1993

Published: September 10, 2024

© 2024 Lühr et al.
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Text

Hintergrund: Suizid ist eine der häufigsten Todesursachen unter Jugendlichen. Interventionen zur Reduktion von suizidalen Gedanken und Handlungen (suicidal thoughts and behaviours, STBs) sind entscheidend für eine erfolgreiche Suizidprävention unter Jugendlichen. Trotzdem gibt es solche Interventionen bisher kaum.

Zielsetzung: Das Projekt EMIRA zielt darauf ab, diese Lücke zu schließen, indem eine personalisierbare Smartphone-App entwickelt wird, die suizidgefährdete Jugendliche (12–21 Jahre) in emotionalen Krisen unterstützen und damit deren Suizidrisiko reduzieren soll.

Methode: EMIRA besteht aus vier Teilprojekten. 1) Zur Identifikation von Interventionsbedürfnissen: qualitative Interviews (Fokusgruppeninterviews) mit Jugendlichen, die bereits Suizidgedanken oder suizidale Handlungen erlebt haben, sowie mit deren Eltern und Behandelnden. 2) Zur Untersuchung der kurzzeitigen Variabilität von Suizidalität und kognitiver Korrelate von kurzzeitiger Suizidalität unter Jugendlichen: hochfrequente Erhebungen von Suizidalität (EMA-Studie). Jugendliche werden hierfür mit Hilfe einer Smartphone-App über sieben Tage sieben Mal täglich unter anderem zu momentanen Suizidgedanken befragt. Aufbauend auf den Ergebnissen dieser ersten beiden Teilprojekte werden wir eine Smartphone-App entwickeln, deren zentraler Bestandteil digitales „Safety Planning“ darstellt (auch Notfallplan genannt). 3 + 4) Zur Überprüfung der Akzeptanz und Wirksamkeit der Smartphone-App: Durchführung randomisiert-kontrollierter Evaluierungsstudien. Wir orientieren uns im gesamten Forschungsprozess an den Ideen partizipationsbasierter Forschung und stehen im Austausch mit einem Expertenbeirat, um für App-Entwicklung und Studiendesign die Bedürfnisse relevanter Personengruppen zu berücksichtigen. Der Beirat besteht aus Interessenvertreter*innen wie jungen Erwachsenen, die in der Vergangenheit Suizidalität erlebt haben, und Behandelnden.

Ergebnisse: Jugendliche und Behandelnde (Teilprojekt 1) haben die Möglichkeit für digitales Safety Planning und die Möglichkeit zur Ablenkung als Funktionen für die App vorgeschlagen. Da Jugendliche und Behandelnde verschiedene und teils widersprüchliche Funktionen genannt haben, scheint es sinnvoll, in der App personalisierbare Einstellungen vornehmen zu können, damit App-Inhalte an persönliche Bedürfnisse angepasst werden können. Erste vorläufige Ergebnisse zu Teilprojekt 2 weisen auf eine hohe Variabilität suizidaler Gedanken unter Jugendlichen hin, aber auch auf große Unterschiede in Verlauf und Ausmaß suizidaler Gedanken zwischen suizidgefährdeten Jugendlichen.

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Die Entwicklung einer Smartphone-App zur Unterstützung in suizidalen Krisen könnte einen wichtigen Beitrag zur Versorgung suizidgefährdeter Jugendlicher leisten. Durch den Einbezug der Perspektive suizidgefährdeter Jugendlicher und Behandelnder (Teilprojekt 1; Expertenbeirat) sowie unter Berücksichtigung von Variabilität von Suizidalität (Teilprojekt 2) ist es möglich, die App-Entwicklung an die Bedürfnisse relevanter Personengruppen anzupassen. Inwieweit die App von suizidgefährdeten Jugendlichen akzeptiert wird und ob ihre Nutzung tatsächlich zur Reduktion suizidaler Gedanken beitragen kann, wird in den anschließenden Teilprojekten untersucht werden.