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BMBF Nachwuchsgruppe MAM-Care: Bedürfnisse, Beteiligung und Sicherheit in der geburtshilflichen Versorgung
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Published: | September 10, 2024 |
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Hintergrund: In Deutschland kommen jedes Jahr über 700.00 Kinder zur Welt, sodass geburtshilfliche Eingriffe zu den häufigsten stationär durchgeführten Prozeduren zählen. Gleichzeitig ist nur wenig bekannt über die Qualität und die Zufriedenheit der Mütter mit der geburtshilflichen Versorgung. Die WHO-Leitlinien fordern eine respektvolle Schwangeren- und Gebärendenversorgung für alle Frauen weltweit, d.h. eine Betreuung, die „die Würde, die Privatsphäre und die Vertraulichkeit respektiert, die Freiheit von Schaden und Misshandlung gewährleistet und eine informierte Entscheidung und kontinuierliche Unterstützung während der Wehen und der Geburt ermöglicht“ [1]. Gemäß den WHO-Leitlinien [1] sind alle Maßnahmen und Interventionen abzulehnen, die medizinisch nicht indiziert sind. Basierend auf dieser Maxime und den unterschiedlichen Definitionen geburtshilflicher Gewalt zielt diese Studie in einem ersten Schritt darauf ab, mehr über die Mütterzentrierung der geburtshilflichen Versorgung, über die informierte Beteiligung von Müttern und die Qualität der Versorgung aus der Sicht von Müttern sowie Ärzt*innen und Hebammen, die geburtshilfliche Leistungen in Krankenhäusern erbringen, zu erfahren.
Methode: In einem Mixed-Methods Design werden sowohl Interviews, wie auch quantitative Befragungen von Müttern, ärztlichen Geburtshelfer*innen und Hebammen durchgeführt. Die qualitativen Interviews mit Müttern wurden durchgeführt, um mehr über Mechanismen zu erfahren, die das Erleben von Gewalt unter der Geburt beeinflussen. Die Theoriebildung erfolgte explorativ mit Hilfe der Grounded Theory. Parallel hierzu fanden anonyme Befragungen von Müttern statt, die durch die kooperierenden Krankenkassen rekrutiert wurden. Um die Perspektive der Versorgenden abzubilden, wurden anonyme Befragungen (online und schriftlich) mit dem Fokus auf Versorgungsqualität, Leitlinienadhärenz, SDM und interprofesionelle Zusammenarbeit durchgeführt.
Ergebnisse: Aus den 12 Interviews herausgearbeitet wurde die Relevanz des Kohärenzgefühls, das maßgeblich das Erleben von Gewalt aus Sicht der Mütter beeinflusst. Die Analyse der quantitativen Befragungsdaten der Mütter (n=1.102, Rücklaufquote 27,6%) zeigt den Einfluss geburtshilflicher Interventionen auf das Geburtserleben (Child Birth Experience Questionnaire). An der Befragung der ärztlichen Geburtshelfer*innen haben nach Anschreiben aller geburtshilflichen Abteilungen 875 stationär tätige Ärzt*innen teilgenommen. Hier zeigt sich z.B. ein Abweichen von der aktuellen Leitlinie „Vaginale Geburt am Termin“ bei der „CTG-Überwachung“ oder auch „Episiotomien“, wobei sich signifikante Unterschiede nach Qualifizierungsstufe (Assistenz- vs. Fach- & Oberärzt*innen) abzeichnen. Die Hebammenbefragung dauert an (derzeit >1.300 Teilnehmende).
Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Das Geburtserleben aus Sicht der Mütter und der aktuelle Stand der geburtshilflichen Versorgung aus Sicht der Versorgenden ist ein relevantes Thema, was sich auch an der hohen Beteiligung an den Befragungen zeigt. Die identifizierten Versorgungsdefizite werden in der zweiten Förderphase konkret durch partizipativ entwickelte Interventionen adressiert.