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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Potenziell vermeidbare Arztpraxis-Kontakte: Ergebnisse einer Beobachtungsstudie

Meeting Abstract

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  • Christian Pham - Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Philipps-Universität Marburg, Deutschland
  • Janis Evers - Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Philipps-Universität Marburg, Deutschland
  • Max Geraedts - Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Philipps-Universität Marburg, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf196

doi: 10.3205/24dkvf196, urn:nbn:de:0183-24dkvf1962

Published: September 10, 2024

© 2024 Pham et al.
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Hintergrund: Seit 2008 gilt im ambulanten Sektor Deutschlands eine zum Teil pauschalierte Vergütung. Dadurch lässt sich nicht mehr sicher sagen, wie viele Arztpraxis-Kontakte mit einem Quartalsabrechnungsfall verbunden sind. Die Belastung der Praxen und das Potenzial für potenziell vermeidbare Arztpraxis-Kontakte sind seitdem nicht mehr quantifizierbar.

Zielsetzung: Die Pilotstudie testete daher, ob diese Informationen mithilfe einer teilnehmenden Beobachtung erhoben werden können und wie viele Arztpraxis-Kontakte aufgrund welchen Anlasses stattfinden.

Methode: In 11 Praxen der hausärztlichen (4 Praxen), allgemeinen (5 Praxen) und spezialisierten fachärztlichen Versorgung (1 Praxis) wurden alle in jeweils einer Woche stattfindenden Arztpraxisbesuche im Hinblick auf den Kontaktanlass und die Kontaktart sowie Alter und Geschlecht der Patient:innen dokumentiert. Die Praxen ergänzten die Inanspruchnahme dieser Patient:innen im gesamten Quartal und Vorquartal sowie die Gesamtzahl aller Fälle der Praxis pro Quartal. Die Häufigkeiten und Unterschiede zwischen den Praxisarten und Altersgruppen wurden deskriptiv und inferenzstatistisch analysiert.

Ergebnisse: Durch die teilnehmende Beobachtung ließen sich alle für die Studie relevanten Daten erheben. Insgesamt wurden 3266 Praxiskontakte (57% durch Frauen, 43% durch Männer) erfasst. Im Durchschnitt aller Praxen erfolgten 27% der Kontakte aufgrund eines akuten Anlasses; 46% waren Kontrolltermine und 27% sonstige. 50% der hausärztlichen- und 72% der fachärztlichen Praxisbesuche gingen mit einem persönlichen Arztkontakt einher (p<0,01). Ansonsten waren Rezept- oder Laborwertabholungen, Blutentnahmen oder Bescheinigungen Kontaktanlass, vor allem bei älteren Patient:innen. Pro Patient:in fanden pro Quartal 2,9 Hausarzt- und 1,8 Facharztbesuche statt; die Häufigkeitsverteilungen der Anzahl Praxisbesuche zwischen den Arztgruppen unterschieden sich signifikant (p<0,01).

Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Die Pilotstudie liefert Hinweise zum Ausmaß vermeidbarer Arztpraxis-Kontakte, indem knapp die Hälfte der Kontakte bei über 60-Jährigen nur der Rezeptabholung dienten und 40% der Kontakte bei Fachärzt:innen Routine-Kontrolltermine darstellten, über deren notwendige Frequenz Unklarheit herrscht. Zur Ausschöpfung des Potenzials vermeidbarer Arztpraxiskontakte könnten die Digitalisierung im Gesundheitswesen, vor allem das elektronische Rezept und die E-Akte sowie Forschung zur notwendigen Frequenz von Kontrollterminen wesentliche Beiträge leisten.