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Pacing und Belastungssteuerung bei aeroben Aktivitäten und Krafttraining: Eine Vignettenstudie zur physiotherapeutischen Versorgung von Patient*innen mit Kreuzschmerzen
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Published: | September 10, 2024 |
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Hintergrund: Bewegung und deren Dosierung spielen eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Patient*innen mit Kreuzschmerzen (LBP). Die Steuerung von Belastungen (u.a. Umfang, Intensität, Pausenzeiten) und das Pacing genannte Management körperlicher Ressourcen spielen sowohl bei strukturiertem Training (wie z.B. Krafttraining) als auch bei aeroben Alltagsaktivitäten (wie z.B. Spazierengehen) eine wichtige Rolle. Bislang existieren keine Arbeiten in der Versorgungsforschung zu der Frage, wie im Versorgungsalltag tätige Physiotherapeut*innen Pacing und Belastungssteuerung durchführen.
Zielsetzung: Ziel ist es, einen Einblick in die aktuelle physiotherapeutische Versorgung von LBP-Patient*innen mit Krafttraining und aeroben Aktivitäten zu erhalten. Dabei soll untersucht werden, inwiefern Faktoren wie z.B. Copingstrategien und Chronifizierungsrisiko der Patient*innen, die Berufserfahrung und das Schmerzwissen der Therapeut*innen sowie die Art der Aktivität die Belastungssteuerung beeinflussen.
Methode: In einer explorativen Querschnittstudie (online, Rekrutierung deutschlandweit) beantworten Physiotherapeut*innen Fragen zum klinischen Handeln anhand zweier fiktiver Patient*innenbeispiele (Fallvignetten): Einer Informatikerin (IT: geringere körperliche Anforderungen im Beruf, hohes Chronifizierungsrisiko, Angstvermeidungsverhalten) und einem Bauarbeiter (BA: hohe körperliche Belastung im Beruf, mittleres Chronifizierungsrisiko, Aufgabenpersistenzverhalten). Die Daten werden primär quantitativ-deskriptiv betrachtet. Die Befragung läuft zum Zeitpunkt der Abstracteinreichung noch; zum Kongresszeitpunkt werden die vollständigen Ergebnisse vorliegen (n = 60–70).
Ergebnisse: Bislang haben 52 Physiotherapeut*innen teilgenommen. Diese würden bei der Krafttrainings-Belastungssteuerung für IT im Vergleich zu BA häufiger in den Schmerz hineinarbeiten (34 vs. 26 Befragte, p = .018). Beim Training von IF auftretende Schmerzen führen sie häufiger auf ungünstige Überzeugungen der Patientin zurück (39 vs. 30 Befragte, p = .028). Physiotherapeut*innen mit geringer Berufserfahrung beziehen in beiden Vignetten häufiger unmittelbar die Rückenmuskulatur ein als erfahrene Therapeut*innen (IT: 13 vs. 9 Befragte, p = .011, BA: 17 vs. 7 Befragte, p <.001). Schmerzen beim Spazierengehen werden häufiger toleriert als Schmerzen beim Krafttraining (IT: 47 vs. 34 Befragte, BA: 44 vs. 26 Befragte; p <.001 jeweils).
Implikation für Forschung und (Versorgungs-)Praxis: Die Rückmeldungen der Teilnehmer*innen sowie ihr Antwortverhalten verdeutlichen die Komplexität des Themas und legen die Vermutung nahe, dass Entscheidungen zu Belastungssteuerung und Pacing unter Berücksichtigung vielfältiger Faktoren, aber möglicherweise noch nicht individualisiert genug getroffen werden. Untersuchungen zum besseren Verständnis dieser Faktoren sowie Ansätze zur gezielten Kompetenzentwicklung von Physiotherapeut*innen wären wichtige Gegenstände künftiger Projekte in der Versorgungsforschung.