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Kodierung von Todesursachen mit der ICD-11: Erkenntnisse aus einem Pilotprojekt zur elektronischen Todesbescheinigung
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Published: | September 10, 2024 |
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Hintergrund: Die World Health Assembly hat die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 11. Revision (ICD-11) zum 1.1.2022 eingeführt und damit die ICD-10 außer Kraft gesetzt. Trotz langer Übergangsfristen ist eine Pflicht zur Übermittlung der Todesursachenstatistik an die WHO mit der ICD-11 absehbar. Parallel wird die Umstellung der Todesbescheinigung (TB) von einer Papierversion auf eine elektronische Version national und international vorbereitet [1], [2]. Die Kompatibilität zwischen der ICD-11 und einer zukünftig elektronischen TB (eTB) ist daher von hoher Bedeutung.
Zielsetzung: Im Rahmen eines vom BMG geförderten Pilotprojektes zur eTB sollte u.a. Weiterentwicklungsbedarf in Bezug auf die Anforderungen und Möglichkeiten der ICD-11 für Mortalitäts- und Morbiditätsstatistiken (MMS) festgestellt werden. Hierzu wurde untersucht, ob die erfassten krankheitsbezogenen Informationen für eine Kodierung mit der ICD-11-MMS geeignet sind und welcher strukturelle Änderungsbedarf an der über eine App realisierten eTB besteht.
Methode: Von einem Gesundheitsamt wurden die krankheitsbezogenen Informationen von 453 eTB zur Verfügung gestellt. Aus einer Stichprobe von 200 eTB wurden 433 eindeutige Diagnosetexte mit der deutschen Entwurfsfassung der ICD-11-MMS über das Webportal des BfArM kodiert. Hierbei wurden die Abbildungsqualität der Diagnosetexte mit der ICD-11-MMS subjektiv eingeschätzt sowie verschiedene Gesichtspunkte aus den Stammdaten zur ICD-11-MMS nachgehalten, u.a. Anforderungen an eine verpflichtende oder optionale Kombination mehrerer Kodes. Eine Kodierung mit der ICD-10 lag bereits vor.
Ergebnisse: Von 433 Diagnosetexten wurden 430 mit 649 Kodes der ICD-11-MMS kodiert. Die Abbildung von 362 Diagnosetexten war als angemessen eingeschätzt worden. Bei 129 der 200 eTB traten nur Texte mit dieser Einschätzung auf (65%). Bei Betrachtung des jeweils ersten Primärkodes bot die ICD-11-MMS in rund 80% der Texte eine optionale und in 20% der Texte eine verpflichtende Kombination mit anderen Kodes an. Die hierzu erforderlichen Informationen fehlten überwiegend im einzelnen Diagnosetext, fanden sich jedoch bei 55% der Einträge an anderer Stelle der eTB. Die Verteilung der auf der eTB vermerkten Erkrankungen auf die Kapitel der ICD war zwischen den Revisionen 10 und 11 – mit Ausnahme des Kapitels zum Kreislaufsystem – vergleichbar.
Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Struktur und Inhalte der eTB sind noch nicht ausreichend auf eine Kodierung mit der ICD-11-MMS vorbereitet. Es erscheint notwendig, die Vollständigkeit krankheitsbezogener Angaben auf der eTB aktiv unter Zugriff auf terminologisches Wissen der ICD-11 zu verbessern. Damit könnte für eine regelkonforme Kodierung die Verfügbarkeit aller notwendigen Informationen sichergestellt werden. Gleichzeitig müsste die derzeitige Zeilenorientierung der TB zu einer komplexeren Struktur fortentwickelt werden, um so die von der ICD-11 geforderten Zusammenhänge darstellen zu können.
Förderung: Einzelförderung (BMG, DRV, BMBF, DFG, etc)
Literatur
- 1.
- Eckert O, Kühl L, Vogel U, Weber S. Entwicklung einer elektronischen Todesbescheinigung für Deutschland. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2019 Dec;62(12):1493-9. DOI: 10.1007/s00103-019-03055-0
- 2.
- Eynstone-Hinkins J, Moran L. Enhancing Australian Mortality Data to Meet Future Health Information Demands. Int J Environ Res Public Health. 2022 Jan 5;19(1):603. DOI: 10.3390/ijerph19010603