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Erfassung von Anti-Stigma-Interventionen im Kontext der COVID-19-Pandemie: Einblicke von Expert*innen in Deutschland
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Published: | September 10, 2024 |
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Hintergrund: Stigmatisierung im Zusammenhang mit COVID-19 hat erhebliche Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und die Bewältigung der Pandemie. Trotz ihrer Bedeutung in den Sozial- und Gesundheitswissenschaften wurden Anti-Stigma-Interventionen nicht weitreichend umgesetzt.
Zielsetzung: Die vorliegende Studie zielt darauf ab, das Wissen von Anti-Stigma-Expert*innen in Deutschland zu diesen Interventionen zu erheben. Die Fragestellungen der Studie lauten: Welche Anti-Stigma-Maßnahmen im Kontext der COVID-19-Pandemie wurden in Deutschland umgesetzt und was wird für eine erfolgreiche Umsetzung solcher Maßnahmen benötigt?
Methode: In dieser qualitativen Studie werden hierfür semi-strukturierte Interviews (aktuell N = 5) mit Anti-Stigma-Expert*innen (Praktiker*innen, Wissenschaftler*innen und Politiker*innen) in Deutschland durchgeführt und mittels COREQ dokumentiert. Um diese Stichprobe zu erreichen, wird das Schneeball-Verfahren angewendet. Es werden Informationen zu umgesetzten Maßnahmen während oder nach der COVID-19-Pandemie, Wirksamkeit, Implementationsbedingungen und potenziellen negativen Konsequenzen erhoben. Zur Datenanalyse wird die qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz verwendet.
Ergebnisse: Die vorläufigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass in Deutschland kaum Interventionen explizit auf die Stigmareduktion abzielten. Vielmehr wurde die Aufklärung bezüglich allgemeinen COVID-19-bezogenen Themen priorisiert, wobei die Stigmareduktion als sekundär betrachtet wurde. Die Wirksamkeit der Interventionen wurde dabei meist nicht evaluiert. Führende politische Institutionen im Gesundheitssektor wurden als entscheidend für die Förderung und Umsetzung von Interventionen angesehen. Hindernisse wie Bürokratie, Mangel an geschultem Personal und sprachliche Vielfalt wurden festgestellt. Finanzielle Investitionen und niedrigschwellige, mehrsprachige Angebote wurden von den Expert*innen für eine erfolgreiche Umsetzung als notwendig erachtet. Potenziell negative Folgen umfassten Reaktanz, Wut und eine übermäßige Fokussierung auf das Stigma.
Implikation für Forschung und/oder (Versorgungs-)Praxis: Dies impliziert, dass ein stärkerer Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis erforderlich ist und vorhandene Potenziale unter wissenschaftlicher Anleitung genutzt werden sollten. Bei der Entwicklung von Anti-Stigma-Interventionen sollten stets notwendige, hinderliche und potenziell negative Faktoren berücksichtigt werden. Zukünftige Forschung sollte sich zudem auf die Überprüfung der Wirksamkeit solcher Interventionen konzentrieren. Insgesamt verdeutlicht die Studie die Lücke zwischen dem wissenschaftlichen Hintergrund und der praktischen Umsetzung von Anti-Stigma-Interventionen im Zusammenhang mit COVID-19 in Deutschland. Sie betont die Bedeutung verschiedener Faktoren bei der Entwicklung von Interventionen und fordert weitere Forschung, um wirksame Strategien zur Stigmareduktion zu entwickeln.
Förderung: Einzelförderung (BMG, DRV, BMBF, DFG, etc); Projektname: Stigmatisierung im Kontext der Corona-Pandemie: Exploration psychosozialer Prozesse und intersektionaler Aspekte und ihre Bedeutung für die Prävention (StiPEx:); Fördernummer: 01UP2202