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23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

24.09. - 27.09.2024, Potsdam

Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und häuslicher Pflege bei pflegenden Angehörigen – woran scheitert es?

Meeting Abstract

  • Julia-Sophia Scheuermann - Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik, Uniklinikum Erlangen, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Erlangen, Deutschland
  • Elmar Gräßel - Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik, Uniklinikum Erlangen, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Erlangen, Deutschland
  • Anna Pendergrass - Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik, Uniklinikum Erlangen, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Erlangen, Deutschland
  • Carolin Donath - Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik, Uniklinikum Erlangen, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Erlangen, Deutschland

23. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Potsdam, 25.-27.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24dkvf115

doi: 10.3205/24dkvf115, urn:nbn:de:0183-24dkvf1157

Published: September 10, 2024

© 2024 Scheuermann et al.
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Hintergrund: In Folge des demografischen Wandels und des zunehmenden Fachkräftemangels im formellen Pflegesektor steigt die Bedeutsamkeit und der Bedarf an informeller Pflege durch pflegende An- und Zugehörige. Die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Pflege stellt für viele pflegende Angehörige eine Herausforderung dar, denn pflegende Angehörige erleben häufig sowohl subjektiv als auch objektiv hohe Belastungen. Obwohl Erwerbstätigkeit auch positive Auswirkungen für pflegende Angehörige haben kann, steht ein Beibehalten der Erwerbstätigkeit oft im Konflikt mit informeller Pflege.

Zielsetzung: Ziel der Arbeit ist, Faktoren zu identifizieren, die in Zusammenhang mit einem Vereinbarkeitskonflikt von Erwerbstätigkeit und Pflege – im Sinne einer pflegebedingten Reduktion oder Beendigung der Erwerbstätigkeit – stehen.

Methode: Die Analyse beruht auf Querschnittsdaten der Benefits of Being a Caregiver Studie mit 481 pflegenden Angehörigen einer älteren pflegebedürftigen Person (>65 Jahre), die erwerbstätig sind oder aufgrund der informellen Pflege ihre Erwerbstätigkeit beendet haben. Daten (Selbstbeurteilung) zu Charakteristika der Pflegebedürftigen, der pflegenden Angehörigen und der Pflegesituation sowie Aspekten der Erwerbstätigkeitssituation wurden erhoben. Faktoren, die in Zusammenhang mit einem Vereinbarkeitskonflikt von Erwerbstätigkeit und Pflege stehen, wurden mittels binär logistischer Regressionen analysiert.

Ergebnisse: Ein Drittel der pflegenden Angehörigen hat einen Vereinbarkeitskonflikt berichtet, dabei hat jeder neunte (11,4%) eine Beendigung und zusätzlich jeder vierte bis fünfte (22,5%) pflegende Angehörige eine Reduktion der Erwerbstätigkeit aufgrund der informellen Pflegetätigkeit angegeben. Als bedeutsamer Faktor für eine Nicht-Vereinbarkeit – im Sinne einer Reduktion oder einer Beendigung der Erwerbstätigkeit – hat sich die häusliche Gemeinschaft mit der pflegebedürftigen Person gezeigt. Relevante Faktoren im Hinblick auf eine pflegebedingte Beendigung sind weiterhin weibliches Geschlecht der pflegenden Angehörigen, jüngeres Alter der pflegebedürftigen Person und höherer Pflegegrad. Im Hinblick auf eine pflegebedingte Erwerbstätigkeitsreduktion erwiesen sich höherer Aufwand für die basalen Aktivitäten des täglichen Lebens und höhere Anzahl an Arbeitsstunden vor der Reduktion als relevante Faktoren.

Implikation für Forschung und Praxis: Vereinbarkeitskonflikte sind bei pflegenden Angehörigen nicht selten. Um insbesondere Frauen eine Vereinbarkeit von informeller Pflege und Erwerbstätigkeit zu ermöglichen, benötigt es Maßnahmen für eine bessere Work-Life-Care Balance. Es werden Entlastungsangebote benötigt, die spezifisch auf die Bedürfnisse erwerbstätiger pflegender Angehöriger ausgerichtet sind. Dabei sollte vor allem die Angehörigenberatung formal und inhaltlich modifiziert werden, um pflegende Angehörige frühzeitig zu erreichen und individuelle Lösungen zur Vereinbarkeit zu erarbeiten.

Förderung: Sonstige Förderung; Projektname: G. und I. Leifheit Stiftung