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Chancen zu einer optimierten HIV-Diagnosestellung in Deutschland
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Published: | September 30, 2022 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Eine frühzeitige Diagnose einer Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) stellt in Deutschland weiter eine Herausforderung für die Versorgung dar. Late Presenter (LP), d.h. spät im Krankheitsverlauf diagnostizierte HIV-Infizierte, sind charakterisiert durch eine niedrige CD4-Zellzahl (<350 pro Mikroliter) und/oder eine AIDS-definierende Erkrankung. Dies ist mit einem erhöhten Risiko negativer gesundheitlicher Folgen für den Betroffenen, einem erhöhten Transmissionsrisiko und negativen gesundheitsökonomischen Effekten verknüpft.
Fragestellung und Zielsetzung: In der FindHIV-Studie sollten das Phänomen LP näher untersucht, Chancen zur früheren HIV-Erstdiagnose identifiziert sowie ein Scoringinstrument zur Unterstützung einer frühzeitigen Diagnose entwickelt werden.
Methode oder Hypothese: Es wurden mit einem Mixed-Methods-Ansatz in einem ersten Schritt mittels eines standardisierten Fragebogens Primärdaten von Personen mit HIV-Erstdiagnose in Deutschland gesammelt und analysiert. Darauf aufbauend wurde ein Scoringinstrument entwickelt, das ein gezieltes HIV-Test-Angebot unterstützen soll. Anschließend wurde das Scoringinstrument mit verschiedenen Expertengruppen diskutiert und optimiert. Der Fokus der hier präsentierten Ergebnisse liegt auf der Identifikation von potentiellen Chancen zur frühzeitigeren HIV-Erstdiagnose.
Ergebnisse: Zwischen Januar 2019 und Mai 2020 konnten Daten zu 706 Patienten mit HIV-Erstdiagnose in 40 bundesweit verteilten Studienzentren aus dem ambulanten und stationären Bereich erhoben werden. Der Anteil der LP lag bei 55%. Bei 45% aller Studienteilnehmer sah der Studienarzt retrospektiv mindestens eine Chance, bei der die HIV-Infektion früher hätte erkannt werden können. In der Gruppe der LP war dies sogar bei 58% der Fall. Die häufigsten Anlässe für Kontakte zum Gesundheitssystem, die als verpasste Gelegenheit einer früheren Diagnose gewertet wurden, waren in absteigender Reihenfolge: Gewichtsverlust, Indikator-/HIV-assoziierte Erkrankungen, Fieber und Nachtschweiß, sonstige Erkrankungen und sexuell übertragbare Erkrankungen. Hinsichtlich der Stellen im Gesundheitssystem, an denen eine frühere HIV-Erstdiagnose möglich wäre, ist die Rolle des Hausarztes von besonderer Relevanz.
Diskussion: Anhand eines großen Patientenkollektivs, welches weitgehend für das deutsche HIV-Geschehen typische Merkmale aufweist, konnte gezeigt werden, dass Indikatoren vorhanden sind, die geeignet sind, ein angepasstes HIV-Testangebot zu befördern.
Praktische Implikationen: Die FindHIV-Studie liefert Informationen sowie ein Scoringinstrument, die geeignet sind, eine frühzeitigere Erstdiagnose bei HIV-positiven Menschen zu unterstützen.
Appell für die Praxis (Wissenschaft und/oder Versorgung) in einem Satz: Eine frühzeitigere HIV-Erstdiagnose und die damit verbundenen positiven Effekte wären in vielen Fällen durch ein optimiertes HIV-Testangebot erreichbar.
Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; VSF1_2017–174