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19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

30.09. - 01.10.2020, digital

Patientensicherheitsprobleme in der ambulanten Versorgung – Reaktionen und Rückmeldeverhalten betroffener Patient*innen

Meeting Abstract

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  • Svenja Krause - Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • Werner de Cruppé - Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland
  • Johannes Leinert - infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH, Bonn, Deutschland

19. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). sine loco [digital], 30.09.-01.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dkvf369

doi: 10.3205/20dkvf369, urn:nbn:de:0183-20dkvf3695

Published: September 25, 2020

© 2020 Krause et al.
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: In Deutschland erleben Patient*innen der ambulanten Versorgung häufig patientensicherheitsrelevante Probleme (PSP), die jedoch bisher nicht systematisch erfasst werden. Unklar ist, wie Patienten*innen auf PSP reagieren und ob sie erlebte PSP an die Behandler*innen rückmelden, so dass zumindest ein unsystematisches Lernen aus freiwilligen Rückmeldungen der PSP stattfinden könnte.

Fragestellung und Zielsetzung: Die Studie erhebt, wie Patient*innen auf erlebte PSP reagieren und ob sie diese Ärzt*innen rückmelden.

Methode oder Hypothese: Die Studiendaten entstammen der Innovationsfonds-Studie „PAV – Patientensicherheit in der ambulanten Versorgung (F-KZ: 01VSF16015). Zwischen Mai bis Oktober 2018 wurden insgesamt 10.037 zufällig rekrutierte Personen ≥40 Jahre bundesweit telefonisch befragt. Erfasst wurden die Häufigkeit, Art und Schwere von PSP, die Soziodemographie sowie die Häufigkeit und Verteilung der Reaktionen der Patient*innen mit PSP der letzten 12 Monate. Mit multiplen logistischen Regressionsanalysen wurden Odds Ratios (OR) inklusive 95%-CI zum Zusammenhang zwischen den Reaktionen (Rückmeldung und weitere Reaktion) mit einem bzw. mehreren PSP und den Merkmalen Haus-/Facharzt/ärztin, Geschlecht, Alter und chronisch krank berechnet.

Ergebnisse: Die Befragungsteilnehmer*innen waren durchschnittlich 61 Jahre alt und zu 52% Frauen. 88% hatten in den letzten 12 Monaten ≥1 Arztbesuch. Für diese Zeitspanne berichteten 14,2% der Befragten insgesamt 2.589 PSP. Diese wurden zu 72% anderen Personen mitgeteilt und 64% hatten ≥1 Reaktion zur Folge. Insgesamt erfolgten 2.980 Mitteilungen und 2.897 weitere Reaktionen (Mehrfachnennungen). 40% der PSP wurden behandelnden bzw. anderen Haus-/Fachärzt*innen (32%) mitgeteilt. Bei 34% der PSP gaben die Betroffenen an, das Vertrauen in den Arzt/die Ärztin verloren zu haben, 29% der PSP führten zu einer Beschwerde bei dem/der behandelnden Arzt/Ärztin.

Die Regressionsanalysen zeigen signifikante Zusammenhänge zwischen den unabhängigen Variablen und den Reaktionen. So steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Rückmeldung [a] bzw. weitere Reaktion [b] wenn ein PSP bei spezialisierten Fachärzt*innen erlebt wurde [a] OR=5,24 (95%-CI: 3,66-7,77)/[b] OR=3,01 (1,8-5,02); bei jüngeren Patient*innen (40-59 Jahre) [a] OR=1,44 (0,98-2,12)/[b] 2,17 (1,26-3,73) und chronisch Kranken [a] OR=1,66 (1,32-2,09)/[b] OR=1,72, (1,30-2,27).

Diskussion: Patienten*innen melden ihren behandelnden bzw. anderen Haus-/Fachärzt*innen erlebte PSP sehr häufig zurück. PSP führen häufig dazu, dass Patient*innen ihr Vertrauen in die behandelnden Ärzt*innen verlieren.

Praktische Implikationen: Die Rückmeldungen der Patient*innen sollten systematisch erfasst und genutzt werden, um innovative Systeme zur Prävention von PSP zu etablieren.

Förderung: Die Studiendaten entstammen der Innovationsfonds-Studie „PAV – Patientensicherheit in der ambulanten Versorgung (F-KZ: 01VSF16015).