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Methodik zur Trennung von Inzidenz und Prävalenz in longitudinalen GKV-Daten
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Published: | September 25, 2020 |
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Hintergrund: Fragestellungen der Versorgungsforschung und Epidemiologie erfordern oft eine klare Differenzierung inzidenter und prävalenter Erkrankungen. Die Interpretation einer zeitlich ersten Diagnosedokumentation innerhalb eines verfügbaren Beobachtungszeitraums an GKV-Daten als inzidente Diagnose führt jedoch besonders für chronische Erkrankungen zur Inzidenzüberschätzung.1 Häufig wird daher ein Washout-Zeitraum vor der als inzident betrachteten Diagnose festgelegt, in welchem keine entsprechende Diagnose dokumentiert sein darf [1]. Dabei wird unterschieden zwischen einem fixen sowie einem dynamischen Zeitraum (fix: x Jahre vor der Diagnose; dynamisch: von Beobachtungsbeginn bis zur Diagnose, mindestens aber x Jahre).
Fragestellung: Gesucht war eine Fehlerabschätzung für die verschiedenen Washout-Definitionen sowie eine geeignete (Mindest-)Länge des Washout-Zeitraums. Ebenso war von Interesse, welche Faktoren diese Fehlerrate beeinflussen und ob es weitere, ggf. überlegene Verfahren für eine Verringerung der Fehlerrate gibt.
Methode oder Hypothese: Die Fragen wurden exemplarisch anhand bundesweiter AOK-Daten für verschiedene Krebserkrankungen untersucht. Gemäß der Literatur [1] wurde zur Abschätzung der Fehlerrate der maximal mögliche Washout-Zeitraum als Goldstandard-Referenz genutzt. Alternativ wurde die Abschätzung der Fehlerraten über eine Cox-Regression erprobt, wobei die jeweils zweite Diagnose im Beobachtungszeitraum als Ereignis dient. Eine Transformation der aus der Survivorfunktion abgeleiteten Fehlerraten steht dann zur Gewichtung für weiterführende Analysen zur Verfügung.
Ergebnisse: In ersten Auswertungen wies der geschätzte Inzidenzverlauf bei fixem Washout keine relevanten Trends auf, während dieser bei dynamischem Washout exponentiell abfiel (Trendartefakt). Für das Pankreas-Karzinom sank nach dreijährigem Washout die Fehlerrate unter 10%, während diese für das Kolon-Karzinom mit vergleichsweise geringerer Mortalität auch mit fünfjährigem Washout über 10% blieb. Neben Faktoren, welche die Mortalität beeinflussen, wird auch für die Häufigkeit der Arztkontakte ein Einfluss auf die Fehlerrate angenommen und in der Folge untersucht. In ersten Tests der Cox-Gewichtung wurden die Trendartefakte in Inzidenzschätzungen durch besonders geringe Gewichte zu Beobachtungsbeginn deutlich reduziert. Für das Kolonkarzinom konnte so eine Fehlerrate von unter 10% für den gesamten Beobachtungszeitraum erreicht werden.
Diskussion: Die verschiedenen Washout-Methoden weisen verschiedene Verläufe und Größen der Fehlerraten auf. Darum ist in Beobachtungsstudien die Washout-Methodik genauer darzustellen. Die Korrektur mittels Cox-Regression ermöglicht hingegen eine individuelle Gewichtung zur weiteren Verwendung sowie die Berücksichtigung relevanter Kovariaten.
Praktische Implikationen: Die Cox-Gewichtung muss noch weiter geschärft werden. Außerdem sind die verschiedenen Verfahren passend zur Situation auszuwählen. Konkrete Empfehlungen werden aktuell anhand von Simulationsstudien entwickelt.