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Einflussfaktoren auf den Versorgungsbedarf nach akutstationärer Behandlung der proximalen Humerusfraktur
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Published: | October 23, 2023 |
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Fragestellung: Die proximale Humerusfraktur ist mit einer Inzidenz von 660 pro 100.000 Einwohner und Jahr eine der häufigsten Frakturen im vorwiegend geriatrischen Patientenkollektiv. Während epidemiologische Faktoren und Therapiestrategien gut untersucht wurden, ist die Notwendigkeit eines möglichen stationären Nachsorgebedarfs nach akut-stationärer Behandlung nur unzureichend analysiert.
Methodik: Im Rahmen einer monozentrischen, retrospektiven Untersuchung wurden alle im Zeitraum vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2019 an einem traumatologischen Maximalversorger stationär behandelten Patienten mit proximaler Humerusfraktur identifiziert. In die finale Analyse wurden 295 Patienten eingeschlossen, die sich bis dahin im häuslichen Umfeld selbst versorgen konnten. 83 (28,1%) der Patienten bedurften einer Weiterversorgung mit Fremdunterstützung (Verlegung in andere Klinik, Geriatrie, Kurzzeitpflege), die übrigen 212 (71,9%) konnten wieder nach Hause entlassen werden. Unterschiede zwischen den Gruppen wurden mittels Mann-Whitney-U-Test analysiert, die Ergebnisse sind als Median [25, 75%-Quartil] oder Prozentwerte angegeben. Mittels logistischer Regressionsanalyse wurden Odds Ratios (OR) möglicher Einflussfaktoren adjustiert für das Alter berechnet. Statistische Signifikanz wurde für p<.05 (zweiseitig) angenommen.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Statistisch signifikante Unterschiede fanden sich zwischen den Gruppen „Weiterversorgung“ versus (vs.) „Entlassung“ hinsichtlich Alter (80 [75, 88] vs. 65 [25, 75]; p<,001), Anteil weibliches Geschlecht (73,5% vs. 59,9%; p=,029), ASA-Score (3 vs. 2 Punkte; p<,001), Anzahl Vorerkrankungen (4–5 vs. 1-3; p<,001), Diabetes mellitus (25,3% vs. 15,4%; p=,048), Rauchen (13,9% vs. 33,2%; p=,001), operative Therapie (65,1% vs. 86,8%; p<,001), deltoideopectoraler Zugangsweg (94,3% vs. 72,4%; p=,001), nicht-chirurgische Komplikationen (21,7% vs. 5,7%; p<,001), postoperative Aufenthaltsdauer (8 [6, 10] vs. 5 [3, 7] Tage, p<,001) und intensivstationärer Aufenthalt (73,5% vs. 48,6%; p<,001). Keine Unterschiede fanden sich dagegen u.a. für BMI, Frakturklassifikation (nach Resch) oder Vorliegen maligner Begleiterkrankungen. In der Regressionsanalyse zeigten u.a. für das Alter (OR 1,09 pro Lebensjahr; 95% Konfidenzintervall: [1,06; 1,12]; p<,001 [nicht-adjustiert]) und für den ASA-Score (OR 2,16 pro Punkterhöhung [1,37; 3,49]; p=,001) eine signifikante Risikoerhöhung bezüglich der Notwendigkeit einer Weiterversorgung.
Mit steigendem Lebensalter und höherem ASA-Score weisen Patienten nach proximaler Humerusfraktur ein signifikant zunehmendes Risiko für die Notwendigkeit einer Weiterversorgung mit Fremdunterstützung auf. Die Ergebnisse dieser Studie können den Behandler bei der Identifizierung von Risikopatienten unterstützen und möglicherweise als „stepstone“ bei der Etablierung eines Scoring Systems dienen, um die Verlegung in eine adäquate poststationäre Weiterbehandlung bereits frühzeitig während des stationären Aufenthalts zu initiieren.