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Bewegung und Rückenschmerz – prospektive Analyse zum Zusammenhang zwischen dem lumbalen Bewegungsausmaß und chronischen Schmerzen
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Published: | October 23, 2023 |
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Fragestellung: Trotz der steigenden Prävalenz chronischer Rückenschmerzen bleibt die Therapie aufgrund eines eingeschränkten Verständnisses zugrundeliegender Mechanismen in der Schmerzentstehung eine Herausforderung. In den vergangenen Jahren wurden daher zunehmend spinale Bewegungsmuster von Patient*innen untersucht, wobei die quantitative Analyse des Bewegungsausmaßes der Lendenwirbelsäule im Alltag bisher vernachlässigt wurde. In unserer Studie untersuchten wir daher erstmals die lumbalen Bewegungen von asymptomatischen Proband*innen und Rückenschmerzpatient*innen im Alltag.
Methodik: Der Einschluss asymptomatischer Proband*innen sowie von Patient*innen mit seit mindestens zwölf Wochen bestehenden lumbalen Rückenschmerzen erfolgte prospektiv. Ein Body-Mass-Index (BMI) von >26 kg/m2 war Ausschlusskriterium. Alle Proband*innen und Patient*innen wurden mittels des Epionics SPINE Systems für 24 Stunden in ihrem Alltag vermessen. Lumbale Bewegungen mit einem Ausmaß von über 5° wurden unabhängig von der Ausgangsposition der Bewegung erfasst und in die Gruppen 5–10°, 10–15° und >15° unterteilt. Die statistische Analyse erfolgte mittels des Student t-Test, der ANOVA mit Bonferroni post-hoc-Test sowie der Spearman-Korrelation.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Insgesamt wurden 208 asymptomatische Proband*innen und 106 Rückenschmerzpatient*innen eingeschlossen. Die Gruppen unterschieden sich weder in der Geschlechterverteilung noch im BMI, jedoch war die Gruppe der Patient*innen mit Rückenschmerzen signifikant älter (50,9±13,6 vs. 40,3±14,0 Jahre, p<0,001). Die Patient*innen zeigten sowohl für kleine, mittlere als auch große Bewegungen eine signifikant geringere Anzahl sagittaler Bewegungen (Gesamtzahl 15.564±8.078 vs. 20.521±7.160, p<0,001; Abbildung 1), während sich die Gruppen hinsichtlich der axialen Rotation nur in kleinen Bewegungen signifikant unterschieden (Gesamtzahl 7.317±5.881 vs. 11.106±5.134, p<0,001; Abbildung 1). In der Gruppe der Proband*innen zeigte sich eine schwache jedoch signifikante Korrelation zwischen dem Alter und der Anzahl sagittaler (r=-0,179, p=0,010) sowie axialer (r=-0,172, p=0,013) Bewegungen, während diese Korrelation bei Patient*innen ausschließlich für sagittale Bewegungen bestand (r=-0,290, p=0,003).
Neben der signifikant reduzierten Anzahl an Bewegungen zwischen gesunden Proband*innen und Rückenschmerzpatient*innen zeigen unsere Ergebnisse, dass insbesondere hinsichtlich großer sagittaler Bewegungen signifikante Unterschiede zwischen Frauen und Männern bestehen. Weiterhin fanden wir mit zunehmendem Alter eine Reduktion der lumbalen Bewegungen, wobei sich diese Korrelation nur schwach darstellte. Zwar bleibt unklar, ob die gezeigten Veränderungen Ursache oder Effekt von Rückenschmerzen sind, jedoch wird deutlich, dass die Assoziation zwischen veränderten Bewegungsmustern und chronischen Rückenschmerzen vor allem hinsichtlich einer Optimierung konservativer Therapieansätze eine wichtige Rolle spielen kann und daher weiter untersucht werden muss.