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Zunehmende Geriatisierung des Patientenkollektives in der Wirbelsäulentraumatologie
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Published: | October 23, 2023 |
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Fragestellung: Der demografische Wandel macht sich auch in der klinischen Medizin zunehmend bemerkbar. Der relative Anteil älterer Patienten [Pat.] nimmt weiter zu. Ein Phänomen über dessen Auswirkung auf das Pat.-Kollektiv in der Wirbelsäulentraumatologie bisher kaum belastbare Daten existieren. Die vorliegende Studie analysiert über einen Zeitraum von 28 Jahren die Entwicklung des Pat.-Alters bei Verletzungen der thorakolumbalen Wirbelsäule [WS] in einem Zentrum der Maximalversorgung.
Methodik: Es erfolgte die retrospektive Auswertung sämtlicher operativer Eingriffe bei Verletzungen der thorakolumbalen WS in der Klinik der Autoren von 01/1995 bis 12/2022. Es wurden 3.352 Eingriffe erfasst. Diese wurden u.a. hinsichtlich des Pat.-Alters, des Geschlechts, des Unfallmechanismus, der Frakturlokalisation und -klassifikation, der Art der Versorgung und der Komplikationen analysiert.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: In den vergangenen 28 Jahren konnte im eigenen Haus eine deutliche Zunahme des durchschnittlichen Pat.-Alters registriert werden. Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der operativen Versorgung stieg von 37,8 ± 13,9 Jahren zu Beginn der Erfassung sukzessive auf 62,5 ± 18,6 Jahre bis 2018 an. In den letzten vier Jahren der Datenerfassung zeigt sich ein leichter Rückgang des durchschnittlichen Pat.-Alters auf 56,6 ± 19,7 Jahre. Von 2010 bis 2018 lag das durchschnittliche Pat.-Alter kontinuierlich über 60 Jahre. Die Verletzten zeigten eine zweigipflige Altersverteilung mit einem ersten Gipfel zwischen dem 20. und 30. und einem wachsenden zweiten Gipfel zwischen dem 60. und 80. Lebensjahr. Ende der 90er-Jahre lag das Verhältnis von Männern zu Frauen noch bei 2-3:1. Seit 2008 besteht eine weitgehend ausgeglichene Geschlechtsverteilung (Männer 56,2%, Frauen 43,8%). Während bei einem großen Teil der älteren Pat. eine Osteoporose verbunden mit einem Sturz aus Körperhöhe kausal im Vordergrund standen, waren die Verletzungen der jüngeren Pat. meist auf Hochrasanztraumata oder Stürze aus größerer Höhe zurückzuführen. Verbunden waren die festgestellten epidemiologischen Veränderungen mit einer Zunahme spezifischer Verletzungen des älteren Pat. So kam es im Erfassungszeitraum zu einer mehr als Verzehnfachung von Hyperextensionsverletzungen bei Pat. mit ankylosierenden WS-Erkrankungen. Die weitere Analyse der Daten zeigte, dass die Zunahme des Pat.-Alters nicht allein auf den demografischen Wandel zurückzuführen ist. Deutliche Zunahmen des Durchschnittsalters fanden sich immer in Zusammenhang mit der Einführung neuer, an das alternde Pat.-Kollektiv angepasster Operationsmethoden.
Die Zunahme der alterstraumatologischen Verletzungen der thorakolumbalen Wirbelsäule erfordert, zur besseren Begegnung der Herausforderungen bei der Behandlung dieser, einheitliche Standards in interdisziplinärer Zusammenarbeit.