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Eine frühe Dysfunktionalität neutrophiler Granulozyten, mit im Verlauf entwickelnder hyperinflammatorischer Charakteristik, ist mit einer funktionell schlechten Prognose bei Polytraumapatienten assoziiert
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Published: | October 23, 2023 |
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Fragestellung: Zur klinischen Versorgung von Polytraumapatienten (PTP) ist eine Damage Control Surgery in der ersten Versorgungsphase notwendig. Im weiteren Verlauf, mit begleitender intensivmedizinischer Betreuung, zeigt sich langfristig ein Mortalitätsgipfel nach 1–6 Wochen. Im Rahmen der intensivmedizinischen Versorgung gibt es kein prognostisch relevantes Monitoring der Funktionalität des angeborenen Immunsystems, das für die Wundheilung relevant ist.
Wir untersuchten, wie neutrophile Granulozyten (NG) sich im Krankheitsverlauf von PTP in ihrer Quantität und Funktionalität verändern und in welchem Zusammenhang sie mit der langfristigen funktionellen Prognose des Patienten stehen.
Methodik: In einer prospektiven Observationsstudie wurden 20 PTP (Injury Severity Score ≤18) und Kontrollpersonen eingeschlossen, um die absolute Zellzahl und die Funktionalität der NG zu den Zeitpunkten 0 h, 8 h, 24 h, 48 h, 5 d und 10 d im Blut zu untersuchen. Als schlechte Prognose für PTP wurden der Tod, die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Betreuung von mindestens 7 Tagen und Komplikationen welche eine Pflegebedürftigkeit im Verlauf erfordern definiert.
Die Funktionalität der NG wurden mittels EliSpot (Enzyme linked Immuno Spot Assay) gemessen. Dazu wurde Vollblut mit einem spezifischen NG-Stimulanz (Resiquimod; LPS (Lipopolysaccarid)) zur Simulation eines sterilen und nicht-sterilen second hits inkubiert und anschließend die TNF-α Produktion ermittelt. Ebenso wurden die quantitativen Zellzahlen erhoben.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: PTP mit höheren Konzentrationen an NG zeigten im Verlauf eine funktionell schlechte Prognose. Im Vergleich zeigt sich, dass die relative TNF-α Produktion pro NG, der PTP mit schlechter Prognose, bis Tag 5 tendenziell unter und ab Tag 5 über der mit guter Prognose lag. Das galt für die Stimulation durch LPS und Resiquimod.
Die zum Aufnahmezeitpunkt reduzierte induzierte TNF-α Produktion lässt auf eine, vom initialen Trauma bedingte, Dysfunktion der NG schließen, welche eine adäquate Reaktion auf einen second hit in vivo vermutlich verhindert. Im Verlauf geht diese in eine hyperinflammatorische Charakteristik über. Dadurch kann die Heilung im Rahmen der operativen Ausversorgung beeinträchtigt sein. Wir postulieren, dass sich durch das funktionelle Monitoring der NG bereits bei Aufnahme eine frühe Aussage bezüglich der Prognose der PTP treffen lässt. Damit könnte die Planung der operative Ausversorgung im Hinblick auf die Heilungschance optimiert werden.