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Die Plättchen-aktivierender Faktor (PAF)-induzierte thromboinflammatorische Aktivierung neutrophiler Granulozyten in Abhängigkeit von der Bildung von Plättchen-Neutrophilen-Komplexen
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Published: | October 23, 2023 |
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Fragestellung: Der Plättchen-aktivierende Faktor (PAF) ist ein Entzündungsmediator, welcher bei systemischer Inflammation wie während Sepsis oder Trauma freigesetzt wird. Eine angemessene Entzündungsreaktion neutrophiler Granulozyten spielt zunächst eine protektive Rolle bei der Beseitigung von Pathogenen. Sie kann jedoch bei überschießender Aktivierung der Neutrophilen auch zu Organschäden beitragen. In diesem Beitrag wird die Rolle von PAF bei der Aktivierung neutrophiler Granulozyten untersucht sowie die Interaktion von Plättchen mit Neutrophilen unter PAF-Stimulation beforscht.
Methodik: Nach informierter schriftlicher Zustimmung wurde Blut von gesunden Probanden (25±3 Jahre) entnommen. Neutrophile Granulozyten wurden durchflusszytometrisch hinsichtlich Zellphysiologie (Membranpotential, Intrazellulärer pH), Zellphänotyp (CD10, CD11b) sowie zellulärer Funktionen (Phagozytose, Generierung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS)) und der Bildung von Plättchen-Neutrophilen-Komplexen (PNCs) untersucht. Die Stimulation erfolgte hierbei mittels PBS (Ctrl) oder 1 µM PAF im Vergleich zu anderen Chemotaxinen. Alle Daten sind als Mittelwert ± Standardabweichung dargestellt und mittels Wilcoxon matched-pairs signed rank test getestet.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: PAF erzeugte eine Depolarisation (+12±4 mV, p<0,001), eine intrazelluläre Alkalisierung (+0,45±0,07, p<0,001) und eine Formänderung (FSC) (+73±19%, p<0,01) in Neutrophilen mit einem Maximum nach einer bzw. fünf bzw. zehn Minuten. Ebenso zeigten PAF-stimulierte Neutrophile eine rasche Veränderung der Aktivierungsmarker CD10 (+1.110±491%, p<0,05) und CD11b (+1.521±746%, p<0,05) sowie eine Zunahme der Generierung von ROS (+59±16%, p=0,06) und der Phagozytoseaktivität (+53±14%, p<0,05). Darüber hinaus sorgte PAF in Vollblut für eine signifikante Stimulation der PNC-Bildung (+27±14%, p<0,01). Während andere Entzündungsmarker wie C5a, IL-8 und fMLF eine ähnliche Neutrophilen-Aktivierung erzeugten, war die PNC-Bildung innerhalb der untersuchten Chemotaxine ein Alleinstellungsmerkmal für PAF. PNCs zeigten im Gegensatz zu Neutrophilen ohne angelagerte Plättchen (PMN-) in PAF-stimuliertem Blut eine signifikant gesteigerte Aktivität bezogen auf die Phagozytoseaktivität (PMN- 33±13% vs. PNCs 82±10%, p<0,05) und ROS-Generierung (PMN- 125±24% vs. PNCs 283±108%, p<0,05), jedoch nicht des Phänotyps (CD11b mediane Fluoreszenzintensität PMN- 26.393±7.804 vs. PNCs 28.929±6.807, p=0,06). Diese PAF-induzierten Effekte von PNCs konnten durch das Prostazyklin-Analogon Iloprost signifikant gehemmt werden (PAF 51±11% vs. Iloprost-PAF 4±2%, p<0,05).
Der Plättchen-aktivierende Faktor aktiviert neutrophile Granulozyten multimodal innerhalb weniger Minuten und trägt über PNC-Bildung zu einer verstärkten Entzündungsreaktion bei. Diese PNC-Bildung kann pharmakologisch unterbunden werden, was eine mögliche Rationale zur Kontrolle überschießender Thromboinflammation bei Sepsis und/oder Trauma darstellt und in weiteren klinischen und experimentellen Untersuchungen näher untersucht werden muss.