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Tibiale Kallusdistraktion mittels antegrad tibial implantierter intramedullärer Verlängerungsmarknägel bei 56 Patient:innen
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Published: | October 23, 2023 |
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Fragestellung: Als alternatives Verfahren zur Kallusdistraktion mittels externer Fixateure hat die Behandlung mit intramedullären Verlängerungsmarknägeln (IMVN) zunehmend an Bedeutung gewonnen. Typische Komplikationen der Behandlung mit externen Fixateuren wie Pininfektionen und Weichteilirritationen können so vermieden werden. Aufgrund der Heterogenität von bisher analysierten Patient:innenkohorten, der Anwendung unterschiedlicher Implantate an verschiedenen Segmenten ist die Vergleichbarkeit verfügbarer Studien limitiert.
Deshalb verfolgt diese Studie in Bezug auf das angewandte Implantat, die Implantationstechnik und des verlängerten Segments einen einheitlichen Ansatz.
Methodik: Es erfolgte eine retrospektive, single-center Analyse der tibialen Distraktionsosteogenese mit einem antegrad implantierten PRECICE 2 Verlängerungsmarknagel (Fa. Nuvasive Specialized Orthopedics) über den Zeitraum 2012–2021.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Bei 56 Patient:innen (weiblich n=28, Segmente n=74, bilaterale Verlängerungen n=18) erfolgte die tibiale Kallusdistraktion über Ø 38 mm (min./max. 10–72). Das Ø Alter zum Zeitpunkt der Operation betrug 19 Jahre (min./max. 10–42) bei einem Ø follow-up von 31 Monaten (min./max. 12–95). Die Ø präoperative Beinlängendifferenz (BLD) lag bei 43 mm (min./max. 20–81). Die Studienkohorte wies folgende Ätiologie der BLD auf: longitudinaler Reduktionsdefekt (n=12), idiopathisch (n=11), kongenitaler Klumpfuß (n=6), posttraumatisch (n=3), Sonstige (n=2) und 18 Patient:innen mit disproportioniertem Kleinwuchs. Die Distraktionsphase betrug Ø 79 d (min./max. 31–147) und die Konsolidierungszeit Ø 76 d (min./max. 16–154). Eine Vollbelastung war Ø 158 d postoperativ (min./max. 69–263) möglich. Präoperativ lag die Ø MAD bei -5 mm (min./max. -41–32) und postoperativ bei -8 mm (-53–32). Bei 16% der Patient:innen (9/56) erfolgte bei einem erhöhtem Risiko fü eine sekundäre Spitzentwicklung die Implantation einer temporären extraartikulären Arthrodeseschraube des oberen und unteren Sprunggelenks. Temporäre Bewegungseinschränkungen des Kniegelenks traten bei 32% der Patient:innen (18/56) auf und bei 29% in Bezug auf das obere Sprunggelenk (16/56). Als major Komplikationen der Behandlung kam es bei 15% der Segmente (11/74) zu einer verzögerten Regeneratbildung, bei 14% (10/74) zu einer sekundären Verkürzung der Achillessehne und bei jeweils 3% (2/74) trat eine periimplantäre Fraktur oder Subluxation des Kniegelenks auf. Zuletzt genannte Komplikationen wurden durch operative Revisionseingriffe erfolgreich behandelt.
Die Distraktionsosteogenese mittels antegrad tibial implantierter IMVN stellt ein genaues und zuverlässig anwendbares Verfahren dar. Neben temporären Bewegungseinschränkungen des Knie- oder Sprunggelenks stellen die verzögerte knöcherne Konsolidierung und sekundäre Spitzfußentwicklung die häufigsten Komplikationen der Behandlung dar. Insbesondere die zwei zuletzt genannten Komplikationen können regelhaft Folgeoperationen erfordern und stellen für die Patient:innen eine erhöhte Belastung der Behandlung dar.