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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Beinlängendifferenz bei fibularer Hemimelie. Ist die Kallusdistraktion mittels intramedullären Verlängerungsmarknagels eine geeignete Therapieoption?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Gregor Toporowski - Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion u. Fußchirurgie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Adrien Frommer - Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion u. Fußchirurgie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Georg Gosheger - Klinik und Poliklinik für Allgemeine und Tumororthopädie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Robert Rödl - Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion u. Fußchirurgie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Andrea Laufer - Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion u. Fußchirurgie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Carina Antfang - Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion u. Fußchirurgie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Anna Maria Rachbauer - Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion u. Fußchirurgie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Henning Tretow - Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion u. Fußchirurgie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany
  • Björn Vogt - Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion u. Fußchirurgie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB65-1042

doi: 10.3205/22dkou511, urn:nbn:de:0183-22dkou5115

Published: October 25, 2022

© 2022 Toporowski et al.
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Text

Fragestellung: Die fibulare Hemimelie (FH) ist eine seltene Erkrankung, die mit einer Verkürzung sowohl des Unterschenkels als auch oftmals des Femurs einhergeht. Abhängig vom Schweregrad der Erkrankung kann das Ausmaß der Beinlängendifferenz (BLD) stark variieren. Bei einer BLD von >2 cm nach Wachstumsabschluss kann eine Kallusdistraktion mit dem Ziel eines vollständigen oder partiellen Ausgleichs indiziert sein. Zuletzt rückte in diesem Zusammenhang die Anwendung intramedullärer Marknägel in den Fokus. In dieser Arbeit sollen erste klinische und radiologische Ergebnisse der femoralen Kallusdistraktion bei FH präsentiert werden.

Methodik: In einer retrospektiven Analyse wurden 23 untere Extremitäten bei 23 Patienten mit einem durchschnittlichen Follow-Up von 38±18 (12-71) Monaten betrachtet. Das Patientenalter betrug zum Zeitpunkt des operativen Eingriffs 15,6±4,2 (9-24) Jahre. Zur Kallusdistraktion wurden größenkorrelierte Verlängerungsmarknägel (Precice P2 oder Stryde, Fa. Nuvasive) in antegrad-femoraler Technik implantiert. Es wurden klinische und radiologische Ergebnisse prä- und postoperativ ausgewertet. Bei der statistischen Analyse wurden der Wilcoxon-Test, die Pearson-Korrelation sowie der Shapiro-Wilk-Test verwendet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die durchschnittliche BLD betrug präoperativ 48±16 (17-81) mm. Mittels femoraler Kallusdistraktion um 38±8 (20-49) mm konnte die BLD signifikant auf 11±9 (0-35) mm reduziert werden (p< 0,001). Dabei wurde die mit dem Patienten besprochene Ziellänge mit einer Genauigkeit von 91±8 (71-99) % erreicht. Die durchschnittliche Distraktionsgeschwindigkeit betrug dabei 0,8±0,2 (0,4-1,1) mm/Tag. Die Therapiedauer (OP bis Vollbelastung bzw. Distraktionsende) war durchschnittlich 132±43 (45-223) Tage bei einem Konsolidierungsindex von 36±15 (10-69) Tage/cm. In 70 % (16/23) der Fälle kam es während des Distraktionsvorgangs zu temporären oder dauerhaften klinischen Komplikationen, von denen 9 Streck- oder Beugedefizite und 9 Schmerzen -teilweise kombiniert- am häufigsten festgestellt wurden. Hierbei war eine operative Revision in 3 Fällen notwendig. Implantatassoziiert kam es in 17 % (4/23) der Fälle zu Komplikationen, von denen bei zwei Pseudarthrosen eine intramedulläre Schienung nach Materialentfernung des Nagels, ein Nagelwechsel bei Fehlfunktion sowie eine Re-Osteotomie bei vorzeitiger Konsolidierung notwendig waren. In 9 % (2/23) der Fälle wurde die geplante Distraktionsstrecke um >1 cm verfehlt. Die Distraktionsstrecke korrelierte weder mit einem Revisionseingriff (p=0,317) noch mit einer klinischen Komplikation (p=0,763).

Die Kallusdistraktion des Femurs bei FH stellt eine mögliche Therapieform bei ausgeprägter BLD dar. Besonders die hohe Genauigkeit der Distraktion von über 90 % bei zur Literatur vergleichbarem Konsolidierungsindex und ähnlicher Distraktionsgeschwindigkeit bestätigen eine gute Anwendbarkeit des Systems. Aufgrund der hohen Rate an klinischen Komplikationen ist eine regelmäßige Verlaufskontrolle während der Distraktion unabdingbar.