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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Extremitätenboards: Effizienz und Nutzen interdisziplinärer Fallbesprechungen anhand von 134 Patienten mit schweren Extremitäten-Verletzungen eines Trauma-Zentrums der Maximalversorgung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Albrecht Heine-Geldern - BG Unfallklinik gGmbH, Plastische, Hand- u. Rekonstruktive Mikrochirurgie, Frankfurt am Main, Germany
  • Julian Ernst - BG Unfallklinik gGmbH, Plastische, Hand- u. Rekonstruktive Mikrochirurgie, Frankfurt am Main, Germany
  • Benjamin Ziegler - BG Unfallklinik gGmbH, Plastische, Hand- u. Rekonstruktive Mikrochirurgie, Frankfurt am Main, Germany
  • Alexander Langheinrich - BG Unfallklinik gGmbH, Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Frankfurt am Main, Germany
  • Matthias Josef Kemmerer - BG Unfallklinik gGmbH, Septische Chirurgie, Frankfurt am Main, Germany
  • Uwe Schweigkofler - BG Unfallklinik gGmbH, Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Frankfurt am Main, Germany
  • Reinhard Hoffmann - BG Unfallklinik Frankfurt am Main, Abteilung für Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Frankfurt am Main, Germany
  • Christoph Hirche - BG Unfallklinik gGmbH, Plastische, Hand- u. Rekonstruktive Mikrochirurgie, Frankfurt am Main, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB64-601

doi: 10.3205/22dkou502, urn:nbn:de:0183-22dkou5027

Published: October 25, 2022

© 2022 Heine-Geldern et al.
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Text

Fragestellung: Schwere Extremitäten-Verletzungen, bei denen eine Rekonstruktion von Weichteil- und Knochengeweben erforderlich ist, bedürfen eines multidisziplinären Therapieansatzes. Gute Resultate können nur durch die Integration aller Fachrichtungen und durch Etablierung rationaler Therapiekonzepte erreicht und so dem Versorgungsanspruch und der notwendigen Qualitätgerecht werden. Der Extremitätenerhalt zielt auf Form, Funktion, Lebensqualität, körperliche Integrität und Überleben und knüpft daher dem Anspruch onkologischer Boards an. Durch die Vernetzung von Unfall-, Gefäß-, und Plastischer Chirurgie inklusive Mikrochirurgie, sowie Radiologie, Mikrobiologie, Psychologie, Pflege und Prothesenversorgung können Konzepte erarbeitet werden, welche den Patienten in der Gesamtheit sehen und das medizinisch Machbare dem medizinisch Sinnvollen gegenüberstellen. Fokus dieser Arbeit war es die Ergebnisse von Extemitätenboard-Beschlüsse zu bewerten, Therapiepläne zu analysieren und Gründe für die Nicht- Implementierung der Therapieempfehlungen herauszufiltern.

Methodik: Nach Implementierung eines wöchentlichen, interdisziplinären Extremitätenboards wurden alle mit Board-Entschied versehenen Patienten von März 2017 bis September 2021 in diese retrospektive Kohorten-Studie eingeschlossen. Epidemiologischen Daten wurden erfasst und die Defektgenese in Kohorten zugeteilt (Trauma, Infekt-, Gefäß- oder Tumor bedingt). Die erarbeiteten Therapiepläne (TP) wurden evaluierte und deren Implementierung analysiert (Gruppe A: Implementierung des TPs, Gruppe B: Änderung des TPs). Eine Veränderung der Entscheidung des Extremitätenboards wurde als diskordant angesehen und die Gründe hierfür analysiert.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: 148 Patienten (M: 107/F: 41) mit einem Durchschnittsalter von 56,7 Jahren wurden im Board erörtert, von denen 134 detaillierte Boardbeschlüsse vorliegen. 85% der Läsionen waren an der unteren Extremität lokalisiert, wobei in 68,7% der Fälle kombinierte Knochen- und Weichteildefekte vorlagen. Annähernd 16% der Patienten hatten im Vorfeld bereits eine gefäßchirurgische Intervention erhalten. In 81,4% der Fälle konnte ein Extremitätenerhalt erreicht werden. 18 Boardbeschlüsse (13,4%) wurden nicht implementiert. In 27,8% dieser Fälle wurde vom ursprünglichen rekonstruktiven Plan der Weichteildeckung abgewichen, in 55,6% der Fälle von der knöchernen Versorgung. Gründe für die Diskordanz zum Boardbeschluss ergaben sich aus dem Patientenwunsch (16,7%), neu aufgetretener Komorbiditäten (33,3%) und konservativer Therapiealternativen (50%).

Interdisziplinäre Extremitätenboards sind ein unabdingbarer Bestandteil in der state-of-the-art Versorgung schwerer Extremitätenverletzungen und definieren in den meisten Fällen den Pfad zum Extremitätenerhalt. Die Vermeidung zu aggressiver Therapieoptionen und die Integration des Patientenwunsches in die Therapieentscheidung sind essentiell zur Etablierung geeigneter, patientenbezogener Therapiekonzepte und einer hohen Durchdringung der Boardbeschlüsse.