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Aktivierbare Antiinfektive Implantatbeschichtungen – Prävention und Therapie On Demand?!
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Published: | October 25, 2022 |
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Fragestellung: Das Risiko einer periprothetischen Gelenkinfektion (PJI) steigt mit zunehmender Implantatoberfläche. Die Infektionsrate für Tumorprothesen beträgt etwa 20% und nach Revisionseingriffen bis zu 40% [1]. Infektionen treten meist innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Operation auf (60-70%) [2]. Bislang sind nur wenige antiinfektiöse Beschichtungen für spezifische Implantate verfügbar [3]. Diese haben häufig unerwünschte Effekte auf die Gewebeheilung bei fehlender Kontrolle über die Wirkstofffreisetzung.
Eine neuartige antiinfektive Biopolymer-Implantatbeschichtung mit Silberionen in einer biokompatiblen Konzentration wurde entwickelt, um die Biofilmformation auf der Implantatoberfläche zu verhindern. Zusätzlich kann bei Bedarf non-invasiv über extrakorporale Stoßwellen zu jedem beliebigen Zeitpunkt eine gezielte Freisetzung von Silber in die Umgebung aktiviert werden.
Methodik: Ein teilkristallines Poly(L-lactid)-Biopolymer (PLA) wurde mit homogen gelösten Silberionen (Ag+) beladen und auf Ti6Al4V-Substrate aufgebracht. Die Ag-Freisetzung wurde zum einen nach Anwendung verschiedener Intensitäten fokussierter hochenergetischer extrakorporaler Stoßwellen (fhESW) im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne fhESW nach vier Tagen in aqua mittels Graphitrohr-Atomabsorptionsspektrometrie (GF-AAS), Rasterelektronenmikroskopie (REM) und energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDX) bewertet. Zum anderen wurde die Beschichtung mit unterschiedlichen Ag-Konzentrationen beladen und nach applizierter fhESW in einem WST-1-Test mit Fibroblasten auf Biokompatibilität untersucht. Die antiinfektiöse Wirkung der Beschichtung wurde nach 24 Stunden Inkubation mit Staphylococcus aureus 6850 (7,7x10E7 KBE/mL) und Escherichia coli TG1 (2,9x10E7 KBE/mL) unter wachstumsfördernden Bedingungen mittels quantitativer Bakteriologie untersucht.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die induzierte Ag-freisetzung nach fhESW betrug 1115 µg/L für niedrige und 43794 µg/L für hohe Intensität. In der Kontrolle ohne fhESW lag die Elution bei 14 µg/L. REM und EDX belegen eine vollständige lokale Ag-Freisetzung. Die Zellviabilität lag bei Ag-Konzentrationen von 2% und 4% bei über 70%, wurde jedoch bei 8% Silber auf 33% reduziert. Die bakterielle Belastung durch S. aureus wurde um das 10-fache auf 2,78x10E6 KBE/mL reduziert, für E. coli ergab sich eine vollständige Eradikation.
Abbildung 1 [Abb. 1]
Diese neuartige Implantatbeschichtung kann potentiell vor einer PJI schützen, und erlaubt eine non-invasive Aktivierung zu beliebigem Zeitpunkt für eine gezielte, kontrollierte Ag-Freisetzung. Die Beschichtung könnte eine ergänzende Option zur Behandlung von PJI darstellen. Weitere Untersuchungen folgen, um die vielversprechenden biochemisch-mikrobiologischen Ergebnisse zu stützen.
Literatur
- 1.
- Theil C, Röder J, Gosheger G, Deventer N, Dieckmann R, Schorn D, Hardes J, Andreou D. What is the likelihood that tumor endoprostheses will experience a second complication after first revision in patients with primary malignant bone tumors and what are potential risk factors? Clin Orthop Relat Res. 2019 Dec;477(12):2705-14. DOI: 10.1097/CORR.0000000000000955
- 2.
- Tande AJ, Patel R. Prosthetic joint infection. Clin Microbiol Rev. 2014 Apr;27(2):302-45. DOI: 10.1128/CMR.00111-13
- 3.
- Wildemann B, Jandt KD. Infections @ trauma/orthopedic implants: Recent advances on materials, methods, and microbes – a mini-review. Materials (Basel). 2021 Oct 6;14(19):5834. DOI: 10.3390/ma14195834