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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Analyse der tatsächlichen Behandlungsbedürftigkeit der Säuglingshüfte von diesbezüglich in eine Spezialsprechstunde überwiesenen Säuglingen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Christian-Dominik Peterlein - Auguste Viktoria Klinik, Universitätsklinik für Allgemeine Orthopädie, Bad Oeynhausen, Germany
  • Florian Bucher - PHW, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • Christian Götze - Auguste Viktoria Klinik, Universitätsklinik für Allgemeine Orthopädie, Bad Oeynhausen, Germany
  • Stefanie Weber - Klinik für Kinder- und Jugendmedizin II, Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Marburg, Marburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB39-181

doi: 10.3205/22dkou261, urn:nbn:de:0183-22dkou2617

Published: October 25, 2022

© 2022 Peterlein et al.
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Text

Fragestellung: In Deutschland werden die Hüftgelenke von Säuglingen zum Ausschluss einer Hüftdysplasie im Rahmen der U3-Screening-Untersuchung sonographisch und klinisch untersucht. Diese Untersuchung wird überwiegend von niedergelassenen Fachärzten durchgeführt. Bei Unsicherheiten, unklaren Befunden oder Feststellen einer Behandlungsbedürftigkeit erfolgt in der Regel die Überweisung an spezialisierte orthopädische Abteilungen. Die tatsächliche Behandlungsbedürftigkeit der Hüften überwiesener Säuglinge nach erfolgten U3-Screening wurde bisher nicht näher untersucht.

Methodik: In dieser Studie wurden retrospektiv die Akten von 384 überwiesenen Säuglingen untersucht, die in unserer speziellen Sprechstunde an einem Universitätsklinikum zwischen Mai 2016 und April 2019 vorstellig waren. Die Angaben auf dem Überweisungsschein wurden analysiert und, falls ein genauer Hüft-Typ nach Graf als Befund dort angegeben wurde, dieser dokumentiert und überprüft. Alle Kontroll-Hüftsonographien wurden von einem einzigen Untersucher (DEGUM-III-Kursleiter AK Bewegungsorgane) mit dem Ultraschallgerät Siemens Sonoline G60S und einem 7,5 MHz-Linearschallkopfdurchgeführt. Die Therapie der Säuglinge erfolgte, falls erforderlich streng nach den Empfehlungen von Prof. Graf (Reposition - Retention -Nachreifen), bis zum Erreichen eines Hüft-Typs I. Insgesamt 704 Datensätze wurden anhand der Befundbögen und Einweisungsscheinen analysiert.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: In der Geschlechterverteilung zeigte sich eine deutlich weibliche Prädominanz von 73% zu 27% männlichen Säuglingen. Das Durchschnittsalter der Säuglinge am Tag der Erstuntersuchung betrug 58,36 Tage. Die weiblichen Säuglinge waren mit einem Durchschnittsalter von 58,33 Tagen älter als die männliche Gruppe (44,47 Tage). Eine Beckenendlage als bekannter Risikofaktor für Hüftdysplasien lag bei 59 Säuglingen (17%) vor.

Insgesamt wiesen 74 % (n = 284) der Neugeborenen einen Hüfttyp Ia/b auf und mussten folglich nicht weiter behandelt werden. In lediglich 32 % (n = 122) der Fälle war eine Behandlung (Abduktionsschiene oder Fettweis-Gips) erforderlich. Die Behandlungsdauer war signifikant mit dem Alter des Säuglings bei Erstvorstellung korreliert (Pearsons r = 0,678; p = 0,001). Die Behandlungsdauer war bei Säuglingen im Alter von > 200 Tagen bei Erstvorstellung doppelt so lang wie bei Säuglingen im Alter < 100 Tage.

Auf lediglich 11% der Überweisungsscheine wurde konkret der selbst ermittelte Hüft-Typ vom niedergelassenen Arzt angegeben und eine klare Fragestellung für den Weiterbehandelnden formuliert.

Wir haben Defizite in der Durchführung und Interpretation der Ultraschalluntersuchung nach Graf festgestellt. Eine Mehrheit der überwiesenen, als pathologisch eingeschätzten Hüften, stellte sich in unserer Kontrolluntersuchung als physiologische Konfiguration heraus. Nicht notwendige Überweisungen verursachen unnötige Zusatzkosten und verunsichern möglicherweise die Eltern des Säuglings. Strukturierte Weiterbildungskurse zur Säuglingshüfte könnten hier entgegenwirken.