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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Beeinflusst die Blutsperre die intraoperative Kinematik bei der Knieprothesenimplantation? Ergebnisse einer prospektiven Studie unter Verwendung eines robotischen Assistenzsystems

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Martin Faschingbauer - Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Orthopädie, Ulm, Germany
  • Kay Freisem - Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Orthopädie, Ulm, Germany
  • Michael Fuchs - Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Orthopädie, Ulm, Germany
  • J. Ryan Martin - Department of Orthopaedic Surgery, Vanderbilt University, Nashville, TN, United States
  • Ralf Bieger - Schön Klinik München Harlaching, München, Germany
  • Heiko Reichel - Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Orthopädie, Ulm, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB13-374

doi: 10.3205/22dkou022, urn:nbn:de:0183-22dkou0229

Published: October 25, 2022

© 2022 Faschingbauer et al.
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Text

Fragestellung: Bei bis zu 20% unzufriedenen Patienten nach Knie-Totalendoprothese (K-TEP) ist die Kinematik des Kniegelenks anhand verschiedener Operationstechniken immer weiter in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Um diese Operationstechniken genau ausführen zu können, werden in den letzten Jahren auch häufiger OP-Roboter zur Hilfe genommen. Manche dieser Roboter ermöglichen eine Aufzeichnung der intraoperativen Kniekinematik (mit einliegenden Probekomponenten) und somit eine Prädiktion über das Ergebnis.

Ein weiterhin kontrovers diskutierter Einflussfaktor in der Knieendoprothetik stellt das Verwenden einer Blutsperre dar. Bei Anwendung einer Blutsperre werden kurzpostoperativ höhere Schmerzlevel beschrieben, in längerfristigen Studien zeigt das Verwenden einer Blutsperre jedoch deutlich geringere Lockerungsraten.

Ziel der vorliegenden Studie war es, intraoperativ (mit und ohne Blutsperre) mögliche kinematische Unterschiede mit einliegenden Probekomponenten zu detektieren.

Methodik: In die prospektive Studie wurden nach durchgeführter Poweranalyse (Power 0,95, Effektstärke f = 0,25, n = 44) 50 konsekutive Patienten eingeschlossen, die mit einer K-TEP unter Verwendung des OP-Roboters NAVIO® der Fa. Smith&Nephew versorgt wurden. Einschlusskriterium war eine fortgeschrittene Gonarthrose im Varus- oder physiologischen Alignment, Ausschlusskriterien ein BMI > 35 und eine mechanische Valgusachse > 3°. Intraoperativ wurden bei einliegenden Probekomponenten einer bikondylären CR-Knietotalendoprothese (Legion® CR, Fa. Smith&Nephew) die medialen und lateralen Spalten als Ausdruck der Kinematik im vollen Bewegungsumfang aufgezeichnet. Eine Gruppierung erfolgte im 10°-Intervall (Gruppe 1: Flexion 0°-9,99°, Gruppe 2: Flexion 10°-19,99°, usw.). Dies erfolgte in unmittelbarer Abfolge mit und ohne angelegter Blutsperre (350 mmHg). Die statistische Auswertung erfolgte mittels einfaktorieller Varianzanalyse mit Messwiederholung.

Ergebnisse: Im medialen Gelenkspalt kam es über den gesamten Bewegungsumfang zu keinen signifikanten Unterschieden. Die Kinematik am lateralen Gelenkspalt zeigte in den Flexionsgraden 20°-30° (mit Blutsperre 1,9 mm vs. ohne Blutsperre 2,1 mm, p = 0,018), 30°-40° (1,6 mm vs. 1,8 mm, p = 0,002), 110°-120° (0,9 mm vs. 1,1 mm, p = 0,021) und 120°-130° (0,8 mm vs. 1 mm, p = 0,038) hingegen signifikante Unterschiede. Somit kam es bei den o.g. Flexionsgraden auf der lateralen Seite zu einer Mehraufklappbarkeit von im Mittel 0,2 mm unter Verzicht einer Blutsperre.

Schlussfolgerung: Die Verwendung einer Blutsperre zeigt zwar in 4 Beugegraden am lateralen Gelenkspalt eine nachweisbare Restriktion der Kinematik, eine klinische Relevanz mit durchschnittlichen Unterschieden von 0,2 mm wird jedoch nicht erreicht. Somit kann die Verwendung einer Blutsperre bei der K-TEP-Implantation anhand der vorliegenden Daten und auch anhand der Langzeitergebnisse (Lockerungsraten) weiterhin befürwortet werden.