gms | German Medical Science

German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2021)

26. - 29.10.2021, Berlin

3D-Druck-gestützte Diagnostik von Tibiaplateaufrakturen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Julian-Elias Henneberg - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UCH), Hamburg, Germany
  • Tobias Dust - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Hamburg, Germany
  • Maximilian Hartel - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany
  • Karl-Heinz Frosch - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Hamburg, Germany
  • Matthias Krause - Klinik für Unfallchirurgie, Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021). Berlin, 26.-29.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAB84-1395

doi: 10.3205/21dkou577, urn:nbn:de:0183-21dkou5773

Published: October 26, 2021

© 2021 Henneberg et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Fragestellung: Der Behandlungserfolg von komplexen Tibiaplateaufrakturen hängt maßgeblich von einer korrekten und validen präoperativen Diagnostik ab. Der sichere Einsatz eines der drei Klassifikationsschemata (AO-Klassifikation [AO], 10 Segment Klassifikation [10S], Revisited Schatzker Klassifikation [RS]) stellt eine Herausforderung im klinischen Alltag dar. Ein mögliches Hilfsmittel ist hier der Einsatz von 3D Modellen. Dieses Vorgehen hat bereits in der Vergangenheit erste Hinweise auf einen Nutzen in der Diagnostik von Frakturen großer Gelenke (Acetabulumfraktur, Tibiakopffraktur) gezeigt. Ziel der vorliegenden Studie war es, den Einfluss des 3D-Drucks auf die Diagnostik im Vergleich zur konventionellen Computertomografie (CT) und 3D-CT zu untersuchen, sowie eventuelle Stärken und Schwächen der gängigen Klassifikationen aufzuzeigen.

Methodik: Im Rahmen der Datenerhebung wurden 25 Rater mit unterschiedlichen Erfahrungsstufen gebeten, 22 Tibiaplateaufrakturen (AO B- & C-Frakturen) anhand eines CTs, eines 3D-CTs und anhand eines 3D gedruckten Modells zu klassifizieren (AO, 10S, RS). Die subjektiv empfundene Sicherheit dieser Entscheidungen wurde über eine fünfstufige Likert-Skala erhoben. Die Datenerhebung erfolgte mittels eines Onlinefragebogen. Der Datensatz wurde zunächst mit deskriptiven Methoden und anschließend mittels Reliabilitätsanalysen (Fleiss' Kappa) untersucht.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: In 25% der Fälle gaben die Rater an, durch den 3D-Druck neue Informationen erhalten zu haben. Die vorliegenden Daten lassen außerdem den Rückschluss zu, dass die Klassifikationen anhand des 3D-Drucks auffällig eindeutiger ausfallen als jene mit klassischer Bildgebung. Bei der AO-Klassifikation ließ sich bei Nutzung des 3D-Drucks eine höhere Interobserver-Reliabilität im Vergleich zum CT und 3D-CT feststellen (0.3 vs. 0.32 vs. 0.36). Diese Auffälligkeit wurde insbesondere bei komplexen C-Frakturen sichtbar (0.35 vs. 0.37 vs. 0.43). Bei der 10S-Klassifikation zeigte sich hingegen, dass gerade bei weniger komplexen B-Frakturen eine Steigerung durch den 3D-Druck (0.45 vs. 0.45 vs. 0.55) erzielt wurde. Bei der RS-Klassifikation konnte ebenfalls eine Steigerung festgestellt werden (0.25 vs. 0.27 vs. 0.31). Nach Beurteilung des 3D-Drucks wurden zudem zuvor gemachte Einstufungen der AO-Klassifikationen in 23% der Fälle korrigiert (10S 55%; RS 30%). Die subjektiv empfundene Sicherheit der Angaben beim 3D-Druck steigerte sich auf 69% (AO; 10S 67%; RS 64%).

Der Einsatz 3D gedruckter Modelle in der Diagnostik von komplexen Tibiaplateaufrakturen verbessert die Interobserver-Reliabilität der Klassifikationen in beiden Erfahrungsgruppen und zeigt hinsichtlich mehrerer Aspekte deutliche Vorteile: Die 3D-Drucke ermöglichen einen zuvor nicht da gewesenen haptischen Zugang zu den komplexen Tibiaplateaufrakturen. Sie erlauben so ein differenzierteres Frakturverständnis und darauf aufbauend eine passgenauere Behandlung und Therapie. Erfahrene Chirurgen können so noch fundiertere Behandlungsentscheidungen valide treffen.