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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2021)

26. - 29.10.2021, Berlin

Offene Frakturen des Unterschenkels: Zielgerichtetes Weichteilmanagement kann Infekte und Pseudarthrosen vermeiden

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Alexander Wengert - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main, Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Frankfurt am Main, Germany
  • Reinhard Hoffmann - BG Unfallklinik gGmbH, Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Frankfurt, Germany
  • Christian Ruckes - Interdisziplinäres Zentrum Klinische Studien Mainz, Mainz, Germany
  • Alexander Klug - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main, Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Frankfurt am Main, Germany
  • Yves Gramlich - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main, Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Frankfurt am Main, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021). Berlin, 26.-29.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAB71-993

doi: 10.3205/21dkou451, urn:nbn:de:0183-21dkou4511

Published: October 26, 2021

© 2021 Wengert et al.
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Text

Fragestellung: Offene Frakturen treten gehäuft im Bereich des Unterschenkels auf. In der aktuellen Literatur existiert keine offizielle Empfehlung zum optimalen therapeutischen Vorgehen. Kontroverse Punkte sind Art/Zeitpunkt von Osteosynthese und Wundverschluss, Anzahl der Revisionsoperationen (Single vs. Multistage-Prozedur), Stellenwert von mikrobiologischen Proben und das Outcome hinsichtlich Infekt- und Pseudarthrosenrate. Zudem wird trotz unterschiedlicher Anatomie nicht zwischen schaft- und gelenkbeteiligenden Frakturen differenziert. Publizierte Fallzahlen sind gering.

Methodik: In einem Traumazentrum der Maximalversorgung wurden zwischen 2010 und 2018 187 offene Frakturen im Bereich des Unterschenkels nachuntersucht (Mindest-Follow Up: 26 Wo. MW: 91 Wo). Subgruppenanalysen erfolgten nach "gelenkbeteiligender Fraktur" (GF) oder "Schaftfraktur" (SF) und nach Grad der Verletzung (Gustilo/Anderson). Vorgehen bei Osteosynthese (OS) und Wundverschluss (WV), Häufigkeit der Revisionen, Antibiotikaeinsatz, Vakuumtherapie sowie Stellenwert der mikrobiologischen Proben wurden erfasst. Primäre Endpunkte waren eine Infektion oder die Entwicklung einer Delayed/Non-Union. Es erfolgten eine uni- (ULR) und multivariable (MLR) logistische Regressionsanalyse mit Berechnung von Odds Ratios (OR), Konfidenzintervallen (KI) und p-Werten.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Der Altersmedian betrug 48,5 Jahre mit 127 (68%) männlichen und 60 (32%) weiblichen Patienten. Nach Gustilo/Anderson war die Verteilung Grad 1: 28%, 2: 53% und 3: 19%. 97% der Fälle wurden innerhalb von 6 Stunden operativ versorgt. Die mittlere Infektrate lag bei 14% (n=27) und war abhängig von Verletzungsschwere (G&A Grad) und Lokalisation (Schaft vs. Gelenk) Grad 1: 4%/8%; Grad 2: 7%/18%; Grad 3: 15%/35%. Die Rate an Delayed/Non-Unions war 20 % (n=37). Der sekundäre WV im Rahmen einer Multistage-Prozedur konnte als Risikofaktor für eine Infektion identifiziert werden (OR=3,3; KI=1,43-7,62; p=0,005). Eine tiefe Infektion (OR=30; KI=3,53-254,87; p=0,002) war ein Risikofaktor für eine Knochenheilungsstörung. Ebenso die definitive OS vor definitivem WV (OR=16,3; KI=4,26-62,3; p=0,0001) und ein definitiver WV vor definitiver OS (OR=3,91; KI=1,19-12,79; p=0,02) im Vergleich zur simultanen Ausversorgung. Risikofaktor für eine Infektion waren die Anzahl der OPs und Tage bis zum definitiven WV sowie eine Gelenkbeteiligung. Im Infektfall stimmte der ursächliche Keim nur zu 17% mit dem Keim der initialen mikrobiologischen Probe der Komplikationswunde überein. Die Behandlung offener Frakturen verbleibt eine Herausforderung, die Vermeidung von Infekten und Pseudarthrosen reduziert Spätfolgen. Ein primärer oder möglichst früher Wundverschluss ist anzustreben und die Osteosynthese sollte simultan erfolgen, um die Komplikationsrate gering zu halten. Gelenkfrakturen haben ein höheres Risiko für eine Infektion. Der Kontaminationskeim der Defektwunde korreliert nicht mit dem späteren Pathogen bei Infektion.