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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2021)

26. - 29.10.2021, Berlin

Eingeschränkte Wertigkeit radiologischer Messungen beim erworbenen Pes planus – eine Analyse der Intra- und Interraterreliabilität

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Marcel Winkelmann - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover, Germany
  • Moritz Trübenbach - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover, Germany
  • Christian Krettek - Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Unfallchirurgie, Hannover, Germany
  • Jan-Dierk Clausen - Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik, Hannover, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021). Berlin, 26.-29.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAB70-837

doi: 10.3205/21dkou439, urn:nbn:de:0183-21dkou4396

Published: October 26, 2021

© 2021 Winkelmann et al.
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Text

Fragestellung: Der erworbene Pes planus ist eine komplexe dreidimensionale Fehlstellung des Fußes. Die Komplexität variiert dabei stark und das Ausmaß der Beschwerden korreliert nur eingeschränkt mit der radiologischen Ausprägung. Zudem stellen konventionelle Röntgenaufnahmen zwangsläufig eine zweidimensionale Simplifizierung dieser Fehlstellung dar. Dennoch ist das Röntgen des Fußes in dorsoplantarer und seitlicher Projektion mit Belastung der diagnostische Goldstandard. Da die frühen Symptome des Pes planus unspezifisch sind, was zu einer verzögerten Diagnostik führt, ist es wichtig, bereits frühe radiologische Zeichen zu erkennen. Aus der Vielzahl möglicher Messungen haben sich in der Praxis im Wesentlichen folgende etabliert:

Kollaps des Fußlängsgewölbes:

  • Seitlich: Talometatarsaler Winkel (TMT)
  • Seitlich: Kalkaneare Steigung (KS)

Valgische Rückfußdeformität:

  • Seitlich: Talocalcanearer Winkel (S-TC)
  • Dorsoplantar: Talocalcanearer Winkel (D-TC)

Vofußabduktion:

  • Dorsoplantar: Talonavicularer Deckungswinkel (TND)

Da die Wertigkeit neben der Aufnahmequalität des Röntgen maßgeblich vom Untersucher abhängt, schwankt die Reliabilität in der Literatur erheblich. Ziel dieser Studie ist die Analyse der Wertigkeit der Messungen beim Pes planus.

Methodik: Die Messung erfolgt im konventionellen Röntgen des Fußes mit axialer Belastung in dorsoplantarer und seitlicher Projektion. Nach Fallzahlplanung wurden 63 Füße mit Pes planus per Zufall ausgewählt. Alle Aufnahmen wurden anonymisiert je 2x in einem Abstand von 3 Wochen in zufälliger Reihenfolge durch 3 Untersucher (Student = R3, Assistenzarzt = R2, Facharzt = R1) ausgewertet. Die statistische Auswertung erfolgte mittels Intraclass Correlations Coefficient (ICC) mit einem two-way mixed effects, absolute agreement, multiple raters/measurements Verfahren nach McGraw und Wong.

Ergebnisse: Der durchschnittliche TMT betrug 16.6±11,0°, KS 16,2±5.4°, S-TC 48,5±8,8°, D-TC 27,1±8,4° und TND 23,8±13,7°. Die Intraraterreliabilität war mäßig bis sehr gut (ICC 0,47-0,98), zeigte aber deutliche Unterschiede zwischen R3 und R1/R2 mit besseren Ergebnissen bei bereits praktizierenden Ärzten (ICC 0,47-0,73 vs. 0,62-0,98). Die höchste Intraraterreliabilität konnte für KS, TMT und TND (ICC 0,56-0,98) erzielt werden.Die Interraterreliabilität gemäß ICC betrug für TMT 0,85, KS 0,87, S-TC 0,59, D-TC 0,25 und TND 0,83.

Schlussfolgerung: Die Auswertung konventioneller Röntgenaufnahmen beim Pes planus unterliegt erheblichen Schwankungen. Der Kollaps des Fußlängsgewölbes sowie die Vorfußabduktion können mithilfe des tarsometatarsalen Winkels, der kalkanearen Steigung und des talonavicularen Deckungswinkels mit moderater bis guter Intrarater- und guter bis sehr guter Interraterreliabilität erfasst werden. Die valgische Rückfußdeformität kann anhand des talocalcanearen Winkels nur unsicher erfasst werden. Die Reliabilität aller Messungen ist zudem stark erfahrungsabhängig. Die vollumfängliche Erfassung des Pes planus ist daher mithilfe der gängingen Messungen nicht möglich.