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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2021)

26. - 29.10.2021, Berlin

Der optimale Grenzwert der neutrophilen Granulozyten in histologisch aufarbeiteten Gewebeproben zur Diagnostik von periprothetischen Gelenksinfektionen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Irene Katharina Sigmund - Medizinische Universität Wien, Wien, Austria
  • Martin McNally - Nuffield Orthopaedic Centre, Oxford, United Kingdom
  • Markus Luger - Medizinische Universität Wien, Wien, Austria
  • Christoph Böhler - Medizinische Universität Wien, Wien, Austria
  • Reinhard Windhager - Medizinische Universität Wien, Wien, Austria
  • Irene Sulzbacher - Medizinische Universität Wien, Wien, Austria

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021). Berlin, 26.-29.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAB57-634

doi: 10.3205/21dkou352, urn:nbn:de:0183-21dkou3528

Published: October 26, 2021

© 2021 Sigmund et al.
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Text

Fragestellung: Die histopathologische Analyse von intraoperativ gewonnenem Gewebe (periprothetische Membran, Pseudokapsel) zählt in der Diagnostik von periprothetischen Gelenksinfektionen (PPI) zu den akkuratesten Testmethoden. Jedoch werden in der Literatur bei stark variierenden Infektionsdefinitionen unterschiedliche Grenzwerte der polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten (>2.3 N/HPF, >5N/HPF,>10N/HPF) zur Beurteilung einer PPI aufgezeigt. Das Ziel dieser Studie war die Evaluierung des optimalen Grenzwertes bei Anwendung der drei international anerkanntesten Infektionsdefinitionen (International Consensus Meeting - Kriterien 2018 [ICM], Infectious Diseases Society of America [IDSA]-Kriterien und European Bona and Joint Infection Society [EBJIS]-Kriterien).

Methodik: 119 Patienten mit indizierter Revisionsoperation (aseptisch/septisch) nach Knie- (n=60; 50%) und Hüft-Totalendoprothese (n=59; 50%) konnten retrospektiv in unsere Studie eingeschlossen werden. Die histologischen Schnitte, die bei der Explantation gewonnen wurden, wurden neuerlich analysiert, die neutrophilen Granulozyten in 10 high-powered fields (HPF, ×400 Vergrößerung) gezählt und die durchschnittliche neutrophile Granulozytenzahl (N/HPF) ermittelt. Der diagnostische Wert wurde anhand einer ROC Kurven Analyse errechnet und die Grenzwerte mittels z-Test verglichen.

Ergebnisse: Anhand der EBJIS-Kriterien wurden 56 Patienten (47%) als septisch klassifiziert, anhand der IDSA-Kriterien 54 Patienten (45%) und anhand der MSIS-Kriterien 44 Patienten (37%).

Bei Anwendung der MSIS-Kriterien konnte bei einem Grenzwert von >10N/HPF eine Sensitivität von 90% (95%CI:76-97) und eine Spezifität von 92% (95%CI:84-97) berechnet werden. Wurden die IDSA-Kriterien herangezogen, zeigte ebenso ein Grenzwert von >10N/HPF die besten Ergebnisse (Sensitivität: 94% [95%CI:79 - 99], Spezifität: 86% [95%CI:77- 92]). Bei Anwendung der EBJIS-Kriterien wurde ein geringerer Grenzwert von >5N/HPF ermittelt. Die Sensitivität lag bei 91% (95%CI:79- 97) und die Spezifität bei 86% (95%CI:76-93).

Die Histologie zeigte eine bessere Performance bei Patienten mit Knie-Totalendoprothese im Vergleich zu Patienten mit Hüft-Totalendoprothese (EBJIS [p=0.05], IDSA [p< 0.0001]).

Schlussfolgerung: Der Grenzwert der polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten ist abhängig von der herangezogenen Infektions-Definition. Bei Anwendung der EBJIS-Kriterien zur Differenzierung von aseptischen und septischen Lockerungen kann ein Grenzwert von >5N/HPF sowohl nach Knie- als auch nach Hüft-Totalendoprothese empfohlen werden. Ein Grenzwert von >10N/HPF wird bei Anwendung der MSIS- oder IDSA-Kriterien angeraten, jedoch mit der Gefahr mögliche Infektionen (va verursacht durch niedrig-virulente Mikroorganismen) als aseptisch fehlzuinterpretieren.