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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2021)

26. - 29.10.2021, Berlin

Einfluss des Frakturtyps und der damit verbundenen Versorgungsart auf die Komplikationsrate hüftgelenksnaher Frakturen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Rene Burchard - Lahn-Dill-Kliniken, Universität Marburg, Universität Witten/Herdecke, Dillenburg, Germany
  • Alina Daginnus - Universität Marburg, Kreisklinikum Siegen, Marburg, Germany
  • Claudia Döhner - Lahn-Dill-Kliniken, Universität Marburg, Dillenburg, Germany
  • Jan Adriaan Graw - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin Institute of Health (BIH), Berlin, Germany
  • Christian Soost - FOM Hochschule für Ökonomie & Management, Siegen, Germany
  • Jan Schmitt - Lahn-Dill-Kliniken, Universität Marburg, Wetzlar, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2021). Berlin, 26.-29.10.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocAB48-926

doi: 10.3205/21dkou265, urn:nbn:de:0183-21dkou2654

Published: October 26, 2021

© 2021 Burchard et al.
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Fragestellung: Hüftgelenksnahe Frakturen des betagten und hochbetagten Patienten zählen zu den häufigsten Verletzungsmustern des Muskuloskeletalsystems. Die Prävalenz in der Bundesrepublik Deutschland wird mit ca. 135.000 Fällen pro Jahr angegeben. Die geschätzten Kosten für das Gesundheitssystem beziffern sich dabei auf jährlich 2-4Mrd. Euro. Basierend auf den beiden häufigsten Frakturentitäten, der medialen Schenkelhalsfraktur (45%) und der pertrochantären Fraktur (45%), erscheint eine Einteilung in intrakapsuläre und extrakapsuläre Frakturtypen sinnvoll. Die aktuell gültige Richtlinie zur Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) fordert die operative Versorgung binnen 24h, sofern keine Ausschlusskriterien vorliegen. Diese bindende Vorgabe differenziert in ihren Empfehlungen nicht zwischen verschiedenen Frakturtypen, insbesondere nicht im Hinblick auf die o.g. 24h-Regel.

Methodik: Mit dem Ziel einer differenzierteren Betrachtung des peri- und postoperativen Komplikationen erfolgte eine retrospektive Analyse von Patienten mit hüftgelenksnaher Fraktur (n=629, 71,38% weibl., mittleres Alter 79,29a) in einem akademischen Lehrkrankenhaus für die Jahre 2010 bis 2014. Es wurde eine Klassifizierung in intra- (44,52%) und extrakapsuläre (55,48%) Frakturen vorgenommen. Intrakapsuläre Frakturen wurden mittels Endoprothese versorgt, extrakapsuläre mit einem Marknagel. Das Risiko, schwerwiegende allgemeine (z.B. thrombembolische Geschehen, Pneumonien) oder lokal-chirurgische Komplikationen (z.B. Wundinfektionen) zu erleiden, wurde in Relation zur o.g. Klassifizierung analysiert und statistisch ausgewertet (Chi-Quadrat-Test).

Ergebnisse und Schlussfolgerung: In der Gruppe der intrakapsulären Frakturen zeigte sich kein Unterschied in der Komplikationshäufigkeit im Vergleich zwischen einer Versorgung innerhalb von 24h oder einer späteren Versorgung nach Trauma (9,14% vs. 6,94%, p=0,567). Patienten mit einer extrakapsulären Fraktur erlitten bei einer Versorgung innerhalb der 24h-Grenze seltener eine schwerwiegende Komplikation als bei Überschreitung des Intervalls (8,63% vs. 25,0%, p=0,002; Abbildung 1)

Bei extrakapsulären, nicht aber bei intrakapsulären hüftgelenksnahen Frakturen zeigt sich eine Erhöhung von perioperativen Komplikationen, wenn die operative Versorgung in einem Zeitfenster jenseits von 24h seit dem Trauma erfolgt. Bislang differenziert die aktuell gültige GBA-Richtlinie bzgl. des Versorgungsintervalls zwischen Unfall und Operation nicht für verschiedene Frakturtypen und die damit verbundene Versorgungsart. Die 24h-Regel für alle hüftgelenksnahen Frakturen stellt viele Kliniken vor große logistische Herausforderungen, insbesondere für eine zeitgerechte Versorgung z.B. an Wochenenden. Weitere prospektive Untersuchungen zu dieser Fragestellung sind wünschenswert und könnten dazu beitragen, die GBA-Richtlinie differenzierter zu gestalten, um die Versorgungsqualität der hüftgelenksnahen Frakturen bundesweit und risikoadjustiert auf dem höchstmöglichen Niveau zu halten.