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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2019)

22. - 25.10.2019, Berlin

Eine Frage der Ordnung – Entstehung und Verschleißder Bandscheibe unter dem Blickwinkel zellulärer Organisation

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Florian Bonnaire - Orthopädische Universitätsklinik Tübingen, Zellbiologisches Forschungslabor, Tübingen, Germany
  • Marina Danalache - Orthopädische Universitätsklinik Tübingen, Zellbiologisches Forschungslabor, Tübingen, Germany
  • Jessica Steidle - Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Tübingen, Germany
  • Wolfram Breuer - Bayerisches LGL, Oberschleißheim, Germany
  • Bernd Rolauffs - Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Freiburg, Germany
  • Ulf Krister Hofmann - Orthopädische Universitätsklinik Tübingen, Tübingen, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019). Berlin, 22.-25.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAB36-312

doi: 10.3205/19dkou260, urn:nbn:de:0183-19dkou2600

Published: October 22, 2019

© 2019 Bonnaire et al.
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Text

Fragestellung: Degenerative Bandscheibenveränderungen zählen zu den häufigsten orthopädischen Erkrankungen. Die verursachten Schmerzen führen zu hoher Belastung von Patienten, die sekundären Krankheitskosten sind enorm.

Bisherige Therapieansätze zielen vor allem auf die Beherrschung der Symptome der degenerativen Veränderungen ab. Sie greifen erst spät in die Krankheitsentwicklung ein. Große Erwartungen liegen aktuell in der Übertragung von Zell-basierten Therapieerfolgen der Regeneration des hyalinen Gelenkknorpels auf die Bandscheibe (BS).

Für die Entwicklung leistungsfähiger Produkte ist ein fundiertes Verständnis der Gewebearchitektur erforderlich. Unser Ziel war es, die zelluläre räumliche Architektur in ihrem Entstehungsprozess sowie bei Degeneration unter dem Blickwinkel der zellulären räumlichen Organisation zu verstehen.

Methodik: Zur Untersuchung der physiologischen Entwicklung wurde als Modellorganismus bovines Bandscheibenmaterial von frühesten embryonalen Stadien bis hin zum ausgewachsenen Rind altersbezogen aufgeteilt in acht Altersgruppen immunhistochemisch aufgearbeitet und die räumliche Zellorganisation untersucht (n=72). Die weitere Beurteilung der Veränderungen bei Degeneration erfolgte an humanem Gewebe, welches intraoperativ gewonnen wurde (n=25). Dieses wurde entsprechend Anamnese, Gewebekonsistenz, klinischen und kernspintomographischen Befundes in verschiedene Degenerationsgrade eingeteilt (Trauma, Bandscheibenprolaps oder -degeneration) und entsprechend ausgewertet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Es konnte gezeigt werden, dass sich bereits früh aus einem initial ungeordneten Gewebe sehr hoher Zelldichte eine höhergradige zelluläre Ordnung in der Bandscheibenentwicklung ausbildet. Diese beinhaltet neben einzelnen Zellen und Paaren auch perlschnurartige Chondrozytenketten (Strings). Mit zunehmender Reifung des Foetus kommt es zu einer signifikanten Abnahme der zellulären Dichte im Annulus fibrosus (p=0,03). Im undegenerierten humanen Traumagewebe liegen die Zellen vor allem einzeln vor, es gibt jedoch auch zahlreiche Paare und einzelne Strings. Diese richten sich entlang der Kollagenfaserhauptrichtung aus. Mit zunehmender Degeneration können vermehrt kleinere und größere Zellaggregate (Cluster) beobachtet werden, die bereits im humanen Gelenkknorpel als Wegmarke der Arthroseentstehung etabliert sind. Insbesondere zeigte sich ein signifikanter Unterschied der vorliegenden Muster zwischen dem traumatisch veränderten und dem ausgeprägt degenerierten Gewebe (p=0,03).

Die räumliche Organisation der Bandscheibenchondrozyten sowie die zelluläre Dichte im Gewebe scheinen ähnlich dem hyalinen Knorpel als bildbasierter Biomarker für Diagnose und Beschreibung der Bandscheibendegeneration zu fungieren. Gerade für die Evaluation experimentell-medikamentöser Therapieansätze sowie die Konzeption bandscheibenspezifischer Regenerationsmatrices wird dieses Verständnis der gewebespezifischen Zellorganisation von hoher Relevanz sein.