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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2019)

22. - 25.10.2019, Berlin

Vollbelastung durch additive Cerclage? Eine biomechanische Untersuchung an Spiralfrakturen der Tibia

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Stefan Förch - Uniklinikum Augsburg, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie, Plastische und Handchirurgie, Augsburg, Germany
  • Sabrina Sandriesser - BG Unfallklinik Murnau, Institut für Biomechanik, Murnau, Germany
  • Jan Reuter - Uniklinikum Augsburg, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie, Plastische und Handchirurgie, Augsburg, Germany
  • Martin Winkler - BG Unfallklinik Murnau, Institut für Biomechanik, Murnau, Germany
  • Stefan Nuber - Uniklinikum Augsburg, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie, Plastische und Handchirurgie, Augsburg, Germany
  • Peter Augat - BG Unfallklinik Murnau, Institut für Biomechanik, Murnau, Germany
  • Edgar Mayr - Uniklinikum Augsburg, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie, Plastische und Handchirurgie, Augsburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019). Berlin, 22.-25.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAB35-221

doi: 10.3205/19dkou246, urn:nbn:de:0183-19dkou2468

Published: October 22, 2019

© 2019 Förch et al.
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Text

Fragestellung: Bereits 1933 wurde von Goetze eine perkutane, minimalinvasive Cerclage an der Tibia zur Behandlung von Spiralfrakturen der Tibia beschrieben. In unserer Klinik findet diese Technik als additives Verfahren zu einer winkelstabilen Platten- oder Nagelosteosynthese Anwendung, um die Stabilität des Gesamtkonstruktes zu erhöhen und zum Beispiel beim geriatrischen Patienten eine postoperative Vollbelastung zu ermöglichen.

Im Rahmen einer biomechanischen Untersuchung sollte daher untersucht werden, inwieweit durch eine additive Cerclage die Stabilität einer Osteosynthese gesteigert werden kann.

Methodik: An 8 Kunstknochen der Tibia (Sawbones, Tibia #3402, Fourth Generation) wurden mit Hilfe einer Decoupiersäge und einer Schablone identische Spiralfrakturen imitiert, einer AO 43A1.1 Fraktur entsprechend. Unter anatomischer Reposition wurden mit weiteren Schablonen in identischer Position eine Cable Cerclage (Synthes, 1,7mm, 298.801.01) sowie eine winkelstabile Plattenosteosynthese (Synthes, LCP 424.814) angebracht. Die Prüflinge testeten wir unter klinisch relevanter Teilbelastung (200 N, ± 2 Nm) und Vollbelastung (750 N, ± 7 Nm) in einer mechanischen Prüfmaschine unter Axial-, Torsions-, und kombinierter Last. Die Frakturspaltbewegungen wurden mithilfe eines optischen Messsystems aufgenommen. Nach Entfernung der erfolgte eine erneute Testung nach identischem Belastungsprotokoll.

Für statistische Vergleiche wurden ANOVA bzw. gepaarte tTests verwendet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Im Vergleich zur reinen Plattenosteosynthese wurden mit Cable Cerclagen eine um 190% (p<0,001) höhere axiale Steifigkeiten gemessen. Unter kombinierter Vollbelastung (Axial- und Torsionslast) führt eine additive Cable Cerclage zu signifikant höherer Stabilität (p<0,04) als eine reine Plattenosteosynthese unter Teilbelastung. Trotz Vollbelastung waren mit Cable Cerclagen die Scherbewegungen um 60% (p<0,001) reduziert, verglichen mit einer Teilbelastung ohne Cerclage.

Durch eine additive Cerclage kann die Stabilität einer Plattenosteosynthese bei Spiralfrakturen der Tibia signifikant gesteigert und damit die relative Bewegung im Frakturspalt signifikant reduziert werden. Klinisch interessant ist, dass die relative Bewegung im Frakturspalt selbst unter simulierter Vollbelastung mit Cerclage immer noch geringer ist als unter Teilbelastung ohne Cerclage.

Aus biomechanischer Sicht ermöglicht eine additive Cable Cerclage zur winkelstabilen Plattenosteosynthese bei Spiralfrakturen der Tibia eine sofort vollbelastende postoperative Nachbehandlung.

Da es sich bei den Prüflingen um isolierte Kunstknochenmodell ohne Fibula oder Weichteilstrukturen wie zum Beispiel Bänder handelt, ist anzunehmen, dass die biomechanischen Erkenntnisse auf Spiralfrakturen anderer Knochen übertragbar sind.