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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2016)

25.10. - 28.10.2016, Berlin

Induzierte Hypothermie schützt die Enterozytenfunktion nach Polytrauma im Großtiermodell

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Matthias Fröhlich - Städtische Kliniken Köln, Universität Witten/Herdecke, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie u. Sporttraumatologie, Köln, Germany
  • Marc Maegele - Klinikum Köln-Merheim, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Köln, Germany
  • Frank Hildebrand - Universitätsklinikum Aachen, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Aachen, Germany
  • Matthias Weuster - Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Kiel, Universität Schleswig Holstein, Kiel, Germany
  • Philipp Mommsen - Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Unfallchirurgie, Hannover, Germany
  • Juliane Mohr - Universitätsklinik Magdeburg, Klinik für Unfallchirurgie, Magdeburg, Germany
  • Sascha Flohé - Heinrich Heine Universität Düsseldorf, Unfall- und Handchirurgie, Düsseldorf, Germany
  • Martijn van Griensven - Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, Experimentelle Unfallchirurgie, Unfallchirurgie, München, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016). Berlin, 25.-28.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocPO30-485

doi: 10.3205/16dkou787, urn:nbn:de:0183-16dkou7873

Published: October 10, 2016

© 2016 Fröhlich et al.
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Text

Fragestellung: Das posttraumatische Multiorganversagen (MOV) stellt einen der Hauptgründe für Letalität und Morbidität nach Polytrauma dar. Aufgrund einer Schädigung der intestinalen Mukosa und einer Beeinträchtigung der Darmbarriere als Folge eines hämorrhagischen Schockes, kann der Darm entscheidend zur Entstehung eines MOV beitragen. Für verschiedene Organsysteme wurde eine protektive Wirkung einer induzierten Hypothermie nach Stabilisierung des Patienten beschrieben. Daher wird in der vorliegenden Studie der Effekt einer milden, induzierten Hypothermie auf den Darm und die Enterozytenfunktion untersucht.

Methodik: In einem Polytraumamodell bestehend aus einem stumpfen Thoraxtrauma, einer Verletzung des Leberparenchyms und einem druckkontrollierten, volumenlimitierten hämorrhagischen Schock von 30±5 mmHg mittlerer arterieller Druck (MAD) wurden 40 Schweine vier Gruppen zugewiesen. Die Tiere zweier Sham Gruppen erhielten ausschließlich Narkose und wurden intensivmedizinisch überwacht (ShamNorm, ShamHypo). Nach Stabilisierung der Traumagruppen (TraumaNorm, TraumaHypo), vergleichbar mit dem Zeitpunkt einer Aufnahme auf die Intensivstation, wurden jeweils eine Sham- und Traumagruppe für 90 Minuten auf eine Körperkerntemperatur von 34°C gekühlt (TraumaHypo, ShamHypo). Zur Beurteilung der funktionellen Enterozytenmasse wurde während der 15,5 stündigen Nachbeobachtung wiederholt Citrullin aus dem Blutplasma bestimmt. Citrullin ist eine Aminosäure, die von intakten Enterozyten des Ileums kontinuierlich ins Blut sezerniert wird. Zellschäden und nekrotische Bereiche in der ilealen Mukosa wurden anhand eines semiquantitativen histologischen Scores beurteilt. Zum statistischen Vergleich wurde der Test nach Kurskal-Wallace durchgeführt.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Zu Beginn des Versuches unterschieden sich die Citrullinspiegel zwischen den Gruppen nicht (ShamNorm 4.77±1.12 ng/ml; ShamHypo 4.86±0.29 ng/ml; TraumaHypo 4.61±0.29 ng/ml; ShamHypo 3.68±0.23 ng/ml; p=0.83). Am Ende der Nachbeobachtung war das Citrullin in TraumaNorm gegenüber Sham und TraumaHypo signifikant erniedrigt (TraumaNorm 0.76±0.19 ng/ml vs. ShamNorm 2.22±0.25 ng/ml; p<0.001; TraumaHypo 1.65±0.18; p=0.027). Zudem bestand in TraumaHypo und der entsprechenden Sham Gruppe kein Unterschied des Citrullinspiegels. Obwohl in der Histologie in allen Gruppen ein Schleimhautödem und subepitheliales Abheben der ilealen Mukosa auftrat, war der semiquantitative Score in TraumaHypo und ShamHypo ausgeglichen (TraumaHypo 1.8±0.3 vs. ShamHypo 1.8±0.2; p=1). Im Vergleich war der histologische Score in TraumaNorm signifikant erhöht (2.8±0.2; p=0.02).

Zusammenfassend scheint die induzierte Hypothermie in der frühen intensivmedizinischen Phase nach Polytrauma eine protektive Wirkung auf die Enterozytenfunktion zu haben. Hypothermie könnte somit ein Therapieansatz sein um die Entwicklung eines frühen posttraumatischen Organversagens abzumildern. Vor einer klinischen Anwendung wären weitere Studien hinsichtlich potentieller Risiken und Langzeiteffekte erforderlich.