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Einfluss der Gelenkkinematik auf den Polyethylenverschleiß bei anatomischen Schulterprothesen
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Published: | October 10, 2016 |
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Fragestellung: Die kontinuierlich besser werdenden Standzeiten von Schulterendoprothesen und die vermehrte Versorgung junger und aktiver Patienten führen zu gesteigerten Anforderungen an die Verschleißbeständigkeit der Prothesen. Allerdings existieren bisher keine biomechanisch validen Untersuchungsmethoden zur präklinischen Untersuchung von anatomischen Schulterprothesen. Im Gegensatz zur Hüft- und Knieendoprothetik, bei der die Gelenkkinematik bedingt durch wiederkehrende Bewegungsabläufe gut reproduzierbar ist, kommt es beim Schultergelenk zu einer hochgradig variierenden und aktivitätsabhängigen Kinematik im Schultergelenk. Ziel der vorliegenden Studie war es daher, Erkenntnisse über den Einfluss und die Wechselwirkungen der im Gelenk wirkenden Bewegungsabläufe auf den Polyethylenverschleiß der Gleitpaarung zu ermitteln.
Methodik: Zunächst wurde ein vollkinematischer Prüfstand mit vier aktiven Freiheitsgraden definiert. Als primäre Bewegung wurde eine Ab-/Adduktion (0°-90°) festgelegt. Diese Bewegung wurde mit unterschiedlichen Ante-/Retroversionen (±0°/ ±5°/ ±10°) überlagert und weggeregelt simuliert. Die Superior-/Inferiorkraft und axiale Gelenkkompression wurden basierend auf In-vivo Daten (orthoload.com) kraftgeregelt appliziert. Die variierenden Ante-/Retroversionen wurden unter Simulation einer intakten Rotatorenmanschette mit einem linearen Bandspannungsmodell von 80 N/mm und zusätzlich in einem Fall (Ante-/Retroversion: ±10°) unter Berücksichtigung einer insuffizienten Rotatorenmanschette (Bandspannungsmodell: 20 N/mm) nachgebildet. Diese vier Belastungsszenarien wurden für jeweils 3 Mio. Zyklen an einer etablierten anatomischen Schulterprothese (Turon, DJO) angewendet und der Polyethylenverschleiß wurde gravimetrisch gemessen.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Während bei einer reinen Ab-/Adduktion mit überlagerter Superior-/Inferiortranslation aber fehlender Ante-/Retroversionen (±0°) der Verschleiß kaum nachweisbar war (0.12 ± 0.18 mg/Mio. Zyklen), so kam es zu einer deutlichen Verschleißzunahme mit steigender Ante-/Retroversion. Bei einer Ante-/Retroversion von ±5° wurde eine Verschleißrate von 44,12 ± 2,65 mg/Mio. Zyklen und bei einer Ante-/Retroversion von ±10° eine Verschleißrate von 62,75 ± 1,60 mg/Mio. Zyklen ermittelt. Bei Simulation einer insuffizienten Rotatorenmanschette wurden die höchsten Verschleißraten mit 79,65 ± 3,28 mg/Mio. Zyklen bestimmt. Somit zeigte sich eine hochgradige Abhängigkeit des Verschleißverhaltens von der Gelenkkinematik, welche sich kinematikbedingt durch eine hohe Cross-shear-Belastung auf das Polyethylen erklären lässt. Schlussfolgernd lässt sich ableiten, dass die Berücksichtigung der Ante-/Retroversion für Verschleißuntersuchungen an anatomischen Schulterprothesen unabdingbar ist und dass eine Rotatorenmanschetteninsuffizienz den Polyethylenverschleiß deutlich erhöht.