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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2016)

25.10. - 28.10.2016, Berlin

Frakturen des Processus anterior calcanei, eine unterschätzte Diagnose. Ergebnisse einer retrospektiven CT-Analyse

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Robert Hennings - Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Germany
  • Annette Ahrberg - Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Germany
  • Peter Voigt - Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Germany
  • Christoph Josten - Universitätsklinikum Leipzig, Leipzig, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016). Berlin, 25.-28.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocWI45-118

doi: 10.3205/16dkou316, urn:nbn:de:0183-16dkou3169

Published: October 10, 2016

© 2016 Hennings et al.
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Fragestellung: In der Literatur finden sich kleine Fallserien oder Einzelfallberichte über Pathologien des Processus anterior calcanei (PAC). Bekannt ist, dass Frakturen häufig übersehen werden. Folgen können Arthrosen im Calcaneocuboidalgelenk sein. Ziel der Studie war, retrospektiv im CT Pathologien des PAC zu identifizieren und Unfallmechanismen und Begleitverletzungen zu analysieren.

Methodik: Alle CT-Untersuchungen, die 2010-2014 infolge eines akuten Traumas der unteren Extremität angefertigt wurden (Traumazentrum Level I) und den gesamten Fuß einschlossen, wurden retrospektiv von einem Unfallchirurgen sowie einem Radiologen auf Pathologien im Bereich des PAC befundet. Die Einteilung erfolgte entsprechend der Degan- und AO-Klassifikation sowie in die Kategorien PAC-Fraktur (PACF), Pseudarthrose (PA), und Calcaneus secundarius (CS).

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Aus 609 CTs konnten 68 Fälle (11%) mit einer Pathologie des PAC identifiziert werden, davon 43 Fälle (63%) PACF, 14 Fälle (20%) PA und 11 Fälle (16%) CS. Bei 61% der PAC-Frakturen lag ein Distorsionstrauma, bei 16% ein Zweirad-, 14% ein PKW-Unfall, 5% ein axiales und bei 5% ein Überrolltrauma vor. 79% der PACF wiesen Begleitverletzungen auf, 11% dieser waren extrapedal (Pilon-, Unterschenkelschaft- oder OSG-Fraktur). Bei 70% der Fälle war isoliert das Chopartgelenk betroffen, wobei 30% Zeichen einer Chopart- und 7% Zeichen einer subtalaren Luxation zeigten. 21% waren isolierte PACF.

73% der CTs wurden bei akutem Verdacht auf eine Rück- oder Fußwurzelfraktur angefertigt. Hier wurden 13% der PACF, 63% der PA und 50% der CS im Befund nicht erwähnt. 27% CTs erfolgten bei Unterschenkel- oder OSG-Fraktur. In diesen wurden 40% der PACF, 100% der PA und 100% der CS nicht beschrieben.

33% der PACF wurden nicht therapiert. Dies waren 57% der Degan I und 16% der Degan III klassifizierten, 50% der Fälle mit extrapedalen Frakturen, 31% der auf den Fuß beschränkten Verletzungen, 27% der isolierten Chopartverletzungen und 22% der isolierten PACF. In 100% der Überrolltraumata, 57% der Zweirad-, 33% der PKW-Unfälle und 23% der Distorsionen wurde die PAC-Fraktur nicht berücksichtigt. 79 % der Pseudarthrosen und 90% der CS fanden keine Beachtung. Übersehen wurden PAC-Pathologien v.a. bei kleiner Fragmentgröße, extrapedaler Begleitverletzung und Nicht-Distorsionstraumata.

Diese Studie zeigt, dass die Verletzungen des PAC mit 11% der Fälle durchaus nicht selten sind und in der klinischen Untersuchung berücksichtigt werden müssen. Zum einen sollte bei Verdacht auf eine PAC-Fraktur die Indikation zum CT des Fußes großzügig gestellt werden. Zum anderen müssen die übersehene PAC-Verletzung bzw. der Calcaneus secundarius bei chronischen Fussbeschwerden als Differentialdiagnose beachtet werden. Als Konsequenz dieser Studie soll geklärt werden, wie viele der Patienten mit PAC-Pathologien klinisch relevante Beschwerden wie z.B. Arthrosen haben.