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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2016)

25.10. - 28.10.2016, Berlin

Notfallstabilisierung des Beckens – aber wann? Risikofaktoren für eine Beckenfraktur

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Bernd Wohlrath - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main, Abteilung für Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Frankfurt, Germany
  • Heiko Trentzsch - Klinikum der Universität München, Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement, München, Germany
  • Reinhard Hoffmann - BG Unfallklinik Frankfurt am Main, Frankfurt, Germany
  • Stefan Barzen - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main, Abteilung für Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Frankfurt, Germany
  • Dennis Wincheringer - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main, Abteilung für Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Frankfurt, Germany
  • Uwe Schweigkofler - Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main, Abteilung für Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Frankfurt, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016). Berlin, 25.-28.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocWI36-79

doi: 10.3205/16dkou235, urn:nbn:de:0183-16dkou2354

Published: October 10, 2016

© 2016 Wohlrath et al.
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Text

Fragestellung: Mehrere Studien weisen darauf hin, dass eine präklinische Notfallstabilisierung des Beckens schon bei V.a. Beckenfraktur unabhängig von der Stabilitätsprüfung angelegt werden sollte. Aber wann besteht dieser Verdacht? In dieser Studie wurden anamnestische und klinische Hinweise auf ihre Wertigkeit zum Erkennen instabiler Beckenfrakturen hin untersucht.

Methodik: Prospektive, multizentrische Beobachtungsstudie an schwerverletzten Patienten mit präklinischem V.a. Beckenringfraktur anhand Unfallmechanismus oder klinischer Untersuchung. Daten zum Unfallhergang, der klinischen Untersuchung und der bildgebenden Diagnostik werden anonym mittels standardisiertem Fragebogen erhoben und der Zusammenhang statistisch untersucht.

Ergebnisse: Es wurden 254 Patienten eingeschlossen, 95 (37%) zeigten im CT eine definitionsgemäß instabile (B/C nach AO), 43 (17%) eine stabile (A nach AO)und 116 (46%) keine Fraktur.

Die Häufigkeit der instabilen Frakturen stieg signifikant linear (p=0,005) mit der Anzahl der unten genannten indirekten Hinweise mit einer Steigung von 12,8% pro Hinweis. Bei allen instabilen Frakturen lag mindestens ein indirekter Hinweis (Anamnese oder klinische Hinweise) vor.

Bei der Unfallanamnese als Hinweis zeigten die am häufigsten genannten Hochrasenztrauma (VU, Motorradsturz) und Stürze aus >3m Höhe in jeweils fast 40% instabile Frakturen, während dies bei Verschüttungen und Quetschungen schon 50% waren. Vom PKW erfasste Personen hatten nur in 7,1%, vom Zug erfasste in 75% instabile Frakturen. Während Fahrradstürze keine und Treppen-/Leiterstürze in 20% instabile Frakturen aufwiesen waren dies bei Pferdestürzen schon 36%.

Bei den indirekten klinischen Hinweisen lag bei Schmerzen (63% aller Patienten) nur in 38% eine instabile Fraktur vor, während es bei Kompressionsschmerzen (41% aller Patienten) schon 51% waren. Zeigten sich Prellmarken, Wunden oder Hämatome am Becken (30% aller Patienten) so lag in 53% eine B/C-Fraktur vor und bei Rotationsfehlstellungen sogar in 55,6%. Sehr aussagekräftig für instabile Frakturen waren die seltenen Deformitäten mit 70%, ein relevantes C-Problem mit 75% und eine Beinlängendifferenz mit 77,8%. Wenn eine Symphysendiastase oder Blutungen aus Uretra, Vagina oder Anus beschrieben wurden, dann konnte auch zu 100% eine instabile Fraktur nachgewiesen werden.

Schlussfolgerung: Je mehr anamnestische oder klinische Hinweise auf eine Beckenfraktur vorliegen, umso wahrscheinlicher wird sie. Neben den eher unspezifischen Hinweisen, wie Schmerzen, gibt es auch eindeutigere Hinweise, wie vom Zug angefahrene Personen oder Blutungen aus den entsprechenden Körperöffnungen. Aufgrund der komplikationsarmen Möglichkeit der Anlage eines Beckengurtes sollte dies bei jedem anamnestisch / klinischen V.a. eine Beckenfraktur durchgeführt werden. Jeder einzelne der hier aufgeführten Hinweise, insbesondere aber die spezifischeren davon, sollte diesen Verdacht herbeiführen.