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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2016)

25.10. - 28.10.2016, Berlin

Darf ich nach einer Wirbelsäulen-OP Auto fahren? Betrachtung aus orthopädischer Sicht nach Testung der Bremsfähigkeit vor und nach Wirbelsäulenoperationen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Ulf Krister Hofmann - Orthopädische Universitätsklinik , Tübingen, Germany
  • Alena Nora Fischer - Orthopädische Universitätsklinik , Tübingen, Germany
  • Maurice Jordan - Universitäts-Hautklinik Tübingen, Tübingen, Germany
  • Martina Feierabend - Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, Tübingen, Germany
  • Ina-Christine Rondak - Institut für medizinische Biometrie und Statistik, TUM, München, Germany
  • Sina Wittmann - Orthopädische Universitätsklinik , Tübingen, Germany
  • Ingmar Ipach - Department of Orthopaedic Surgery, Ingolstadt Hospital, Ingolstadt, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016). Berlin, 25.-28.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocWI29-576

doi: 10.3205/16dkou168, urn:nbn:de:0183-16dkou1682

Published: October 10, 2016

© 2016 Hofmann et al.
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Text

Fragestellung: Die Anzahl an Wirbelsäulenoperationen hat über die letzten zwei Dekaden stark zugenommen. Die Frage, wann es nach einer solchen Operation wieder erlaubt ist Auto zu fahren ist eine der am häufigsten von den Patienten an den Arzt herangetragenen Fragen.

Wissenschaftlich ist gerade im Bereich des Bewegungsapparates die Untersuchung der Fähigkeit, eine Notbremsung zeitgerecht durchzuführen, ein häufig verwendeter Ansatz um Fahrtauglichkeit aus orthopädisch-unfallchirurgischer Sicht festzustellen.

Ziel der Studie war die Testung der Fähigkeit vor und nach Wirbelsäulenoperationen, eine Notbremsung erfolgreich und innerhalb des geforderten Zeitlimits durchzuführen.

Methodik: Das Bremsvermögen wurde mittels Messung von Reaktionszeit, Fuß-Transfer-Zeit (zusammen Bremsreaktionszeit (BRT)) und Bremskraft in einem Fahrsimulator experimentell getestet. Ein longitudinales Kollektiv aus n=27 Patienten wurde präoperativ und am ersten Wiedervorstellungstermin postoperativ gemessen, dazu ein Querschnittskollektiv (n=27) beim Vorstellungstermin mehr als ein Jahr postoperativ. Die erhobenen Werte wurden verglichen mit einer altersangepassten Kontrollgruppe von n=24 gesunden Freiwilligen.

Ergebnisse: Es konnte keine signifikante Verbesserung der BRT bei lumbalen Fusionen drei Monate postoperativ festgestellt werden (p=0,597), die Bremskraft zeigte sich sogar weiter abgeschwächt (p=0,044). Im Vergleich zur BRT der Kontrollgruppe (median BRT 479 ms) war bereits die präoperative Bremsleistung (median 560 ms) bei zur dorsalen Fusion vorgesehenen Patienten deutlich beeinträchtigt. Dies entspricht einer Zunahme des Bremsweges von 2.25 m bei 100 km/h. Patienten mit geplanter Dekompression oder Nukleotomie zeigten, von einzelnen Ausreißerwerten abgesehen, ausreichende und auch stabile Bremsleistungen. Die schlechteste präoperative Bremsleistung wurde bei Patienten gefunden, welche zu einer multisegmentalen Fusion anstanden. Interessanterweise zeigte sich in dieser Gruppe jedoch die stärkste postoperative Besserung.

Schlussfolgerung: Obwohl die meisten Wirbelsäulenpatienten noch innerhalb des geforderten maximalen Zeitrahmens eine Notbremsung ausführen können, zeigt sich bei einem Drittel der Patienten eine Überschreitung der empfohlenen Grenzwerte für die BRT. Als Risikofaktoren hierfür legen die Daten eine geplante multisegmentale Fusion, hohes Alter, das weibliche Geschlecht sowie starke Schmerzen nahe. Diese Faktoren können erste Hinweise für eine aus orthopädischer Sicht eingeschränkte Fahrtauglichkeit liefern.