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Erstmanifestation einer Polyzythämia vera der Hand
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Published: | September 28, 2015 |
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Anamnese: Eine 64 jährige Patientin stellt sich einen Tag nach Bagatellverletzung (Dornenstich) der rechten Hand als Notfall (auswärtig Diagnose Kompartmentsyndrom) vor. Allgemeinzustand gut, keine relevanten Erkrankungen. Keine systemischen Infektzeichen.
Klinischer Befund: Massiv geschwollene Hand mit Haut-/Weichteilnekrosen, rötlich-livider Verfärbung, ausgedehnten Einblutungen/Blasenbildung bis in distales Unterarm-Drittel. Beweglichkeit im Handgelenk/aller Finger schmerz- und schwellungsbedingt eingeschränkt. Sensibilität o.p.B. . Langfinger und Daumen durchblutet; Haut der Hohlhand und des Handrückens nicht sicher durchblutet. Deutliche Hypothermie.
Röntgen: unauffällig.
Laborwerte: Leukozyten 19,2710^3/ul, CRP 5,92mg/l, Hb19,3/dl.
Procedere: Die initiale Arbeitsdiagnose lautet massiver Infekt (nekrotisierende Fasziitis) / DD Gasbrand. Es erfolgt die notfallmäßige operative Exploration mit Debridement.
*Intraoperativer Befund:* Durchführung einer Escharotomie Langfinger und Daumen. Nach Inzision der Hohlhand und des Handrückens entleert sich diffus Hämatom bei Hämorrhagie. Subcutangewebe und Haut teils nekrotisch. Ausgiebiges Debridement. Keine Beteiligung von Muskulatur, Faszien und Sehnen. Kein eitriger Verhalt. Temporäre Deckung mit Epigard; es folgt eine Second Look Operation sowie in einem dritten Eingriff der Wundverschluss. Unter frühzeitig begonnener intensivierter Physiotherapie kommt es zu einer vollständigen Rekonvaleszenz der Hand.
*Ergebnisse:* Die Laborparameter zeigen eine Polyglobulie, die hämatologische Abklärung bestätigt eine Polyzythämia vera. Nebenbefundlich fällt ein Faktor VIII-Mangel auf sowie ein von Willebrand-Syndrom. Bei vital bedrohender Thrombozytose wird die Gabe von Hydroxyura initiiert. Substitution von Erythrozytenkonzentraten bei perioperativem Hb-Abfall.
Zusammenfassung: Die Erstmanifestation einer Polyzythämia vera lokalisiert im Bereich der oberen Extremität ist äußerst selten. Die Abgrenzung initial zu nekrotisierender Fasziitis /Gasbrand ist bei vorliegender infekttypischer Anamnese schwierig, der Auschluss eines bakteriell bedingten Infektes nur intraoperativ möglich. Bei fulminantem Verlauf und der eindrucksvollen klinischen Manifestation ist die frühzeitige rasche Intervention mit radikalem Debridement erforderlich zur Beherrschung der lokalen Pathologie / Vermeidung von Spätschäden, des Weiteren rasche Einleitung einer systemischen Therapie der Grunderkrankung.