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Defektverschluss nach tumorchirurgischer Resektion im oberen Aerodigestivtrakt durch polymere Implantatmaterialien – Fiktion oder Realität?
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Published: | November 2, 2020 |
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Zusammenfassung
Hintergrund: Die Regenerative Medizin wird als vielversprechender Bereich der modernen Biomedizin angesehen. Die Verwendung von polymeren Implantatmaterialien zum Defektverschluss nach tumorchirurgischer Resektion im Bereich des oberen Aerodigestivtraktes anstelle von Hautmuskellappen würde eine neuartige Therapieoption in der onkologischen Kopf-, Halschirurgie darstellen. Wie auch bei den Hautmuskellappen ist der Wundheilungsprozess entscheidend für die erfolgreiche Defektdeckung. Bei einer erfolgreichen Defektdeckung mit polymeren Implantatmaterialien wäre neben einer Senkung der operativen Morbidität auch eine verbesserte Schluck- und Sprechfunktion im Vergleich zum Hautmuskellappen ein angestrebtes Ziel.
Material und Methoden: Um ein neuartiges Biomaterial unter anspruchsvollen chemischen, enzymatischen und mechanischen Bedingungen zu untersuchen, wurde ein kovalentes Polymernetzwerk in einer prospektiven Studie zur Rekonstruktion eines im Durchmesser 10 mm großen durchgreifenden Gewebedefektes in die Magenwand von Sprague-Dawley Ratten implantiert (n=42). In der Kontrollgruppe (n=21) wurde die Magenwand primär verschlossen. Die Explantation erfolgte nach 1 Woche, 4 Wochen und 6 Monaten. Wesentliche klinische Parameter waren neben der Dichtigkeit zwischen dem implantierten Polymer und der umgebenden Magenwand mit mikrobiologischen Abstrichen die Untersuchung der Gewichtsentwicklung der Versuchstiere und verschiedener lokaler und systemischer Entzündungsparameter.
Ergebnisse: Die Untersuchung der Dichtigkeit, der postoperativen Gewichtsentwicklung und der untersuchten Entzündungsparameter ergab keine signifikanten Unterschiede zwischen der Polymer- und der Kontrollgruppe.
Diskussion: Das kovalente Polymernetzwerk besitzt eine ausreichende chemische, enzymatische, mechanische und bakterielle Stabilität zur Mukosarekonstruktion im Magenmilieu. Die Kategorisierung der mutmaßlichen periimplantären Entzündungsreaktion der angeborenen und erworbenen Immunantwort ist derzeit Gegenstand aktueller Untersuchungen. In einem nächsten Schritt soll die Anwendung des Implantatmaterials zur Pharynxrekonstruktion im Großtiermodell erfolgen.
Fazit: Eine erfolgsversprechende Entwicklung neuartiger regenerativer Therapieansätze in der onkologischen Kopf-, Halschirurgie wird nur durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit in sehr frühen Forschungs- und Entwicklungsphasen möglich sein.
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Hintergrund
Die Regenerative Medizin wird als vielversprechender Bereich der modernen Biomedizin angesehen. Die Verwendung von polymeren Implantatmaterialien zum Defektverschluss nach tumorchirurgischer Resektion im Bereich des oberen Aerodigestivtraktes anstelle von Hautmuskellappen würde eine neuartige Therapieoption in der onkologischen Kopf-, Halschirurgie darstellen. Wie auch bei den Hautmuskellappen ist der Wundheilungsprozess entscheidend für die erfolgreiche Defektdeckung. Bei einer erfolgreichen Defektdeckung mit polymeren Implantatmaterialien wäre neben einer Senkung der operativen Morbidität auch eine verbesserte Schluck- und Sprechfunktion im Vergleich zum Hautmuskellappen ein angestrebtes Ziel.
Material und Methoden
Um ein neuartiges Biomaterial unter anspruchsvollen chemischen, enzymatischen und mechanischen Bedingungen zu untersuchen, wurde ein kovalentes Polymernetzwerk in einer prospektiven Studie zur Rekonstruktion eines im Durchmesser 10 mm großen durchgreifenden Gewebedefektes in die Magenwand von Sprague-Dawley Ratten implantiert (n=42). In der Kontrollgruppe (n=21) wurde die Magenwand primär verschlossen. Die Explantation erfolgte nach 1 Woche, 4 Wochen und 6 Monaten. Wesentliche klinische Parameter waren neben der Dichtigkeit zwischen dem implantierten Polymer und der umgebenden Magenwand mit mikrobiologischen Abstrichen die Untersuchung der Gewichtsentwicklung der Versuchstiere und verschiedener lokaler und systemischer Entzündungsparameter.
Ergebnisse
Die Untersuchung der Dichtigkeit, der postoperativen Gewichtsentwicklung und der untersuchten Entzündungsparameter ergab keine signifikanten Unterschiede zwischen der Polymer- und der Kontrollgruppe.
Diskussion
Das kovalente Polymernetzwerk besitzt eine ausreichende chemische, enzymatische, mechanische und bakterielle Stabilität zur Mukosarekonstruktion im Magenmilieu. Die Kategorisierung der mutmaßlichen periimplantären Entzündungsreaktion der angeborenen und erworbenen Immunantwort ist derzeit Gegenstand aktueller Untersuchungen. In einem nächsten Schritt soll die Anwendung des Implantatmaterials zur Pharynxrekonstruktion im Großtiermodell erfolgen.
Fazit
Eine erfolgsversprechende Entwicklung neuartiger regenerativer Therapieansätze in der onkologischen Kopf-, Halschirurgie wird nur durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit in sehr frühen Forschungs- und Entwicklungsphasen möglich sein.