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Kinderhandchirurgie in Kriegs- und Krisenregionen: Herausforderungen und Lessons Learned
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Published: | October 6, 2022 |
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Fragestellung: Die Gesundheit von Kindern ist in Kriegs- und Krisenregionen durch ihre hohe Vulnerabilität besonders gefährdet. In vielen humanitären Kontexten ist in der Chirurgie jeder 4. Patient jünger als 16 Jahre alt. Welche besonderen Herausforderungen stellen Verletzungen und Deformitäten im Kindesalter in der humanitären Hilfe für den Chirurgen dar? Wie kann diesen im Krisenkontext begegnet werden? Welche Vorgehensweisen sind erfolgversprechend?
Methodik: Ärzte ohne Grenzen verfügt über eine langjährige Expertise in der Durchführung von chirurgischen Hilfsprojekte in Krisen - und Kriegsregionen. Rekonstruktive Chirurgie und Traumachirurgie im Kindesalter, insbesondere an der Hand, sind hierbei zentraler Bestandteil der Projekte. Retrospektiv werden einzelne Projekteinsätze auf die besonderen Herausforderungen in der Kinderhandchirurgie in Kriegs- und Krisenregionen prä -, peri - und postoperativ im Verlauf beschrieben, bewertet sowie Orientierungshilfen gegeben.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Bei den Traumata stehen akute Verbrennungen, Verbrennungskontrakturen sowie Verletzungen aller Arten im Vordergrund. An angeborenen Erkrankungen finden sich am häufigsten Syndaktylien, Polydaktylien, Doppeldaumen, Ringkontrakturen und weitere Dysmelien.
Insbesondere die operative Therapie von Kontrakturlösungen, Syndaktylietrennungen und Operationen des Doppeldaumens zeigen gute funktionelle Ergebnisse. Die häufigste Komplikation ist die Wundinfektion.
Grundvoraussetzung für die qualitativ hochwertige chirurgische Behandlung ist zunächst eine sichere logistische Basisversorgung mit Strom und Wasser zur Hygiene und Sterilisation. Zudem sind vorbereitend die Sicherstellung eines kinderspezifisch erfahrenen OP-Teams sowie die sofortige postoperative Physiotherapie erforderlich. Um den Operationserfolg nachhaltig zu sichern, Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, ist die Sicherstellung der postoperativen langfristigen Nachbehandlung unumgänglich.
Insgesamt ist die Kinderhandchirurgie in der Kriegs- und Krisenregion ein zentraler Bestandteil der humanitären Chirurgie, welcher sich für die Betroffenen als imperativ für die Teilhabe am sozialen Leben gestaltet. Telemedizinische Fallberatung mit konkreten Handlungsempfehlungen für das Team vor Ort hat sich insbesondere bei komplexen Situationen und Komplikationen als gewinnbringend erwiesen.