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133. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

26.04. - 29.04.2016, Berlin

Wie viel darf Lehre kosten? Aufwand und Ergebnis eines innovativen Kurses zu Chirurgischen Nahttechniken

Meeting Abstract

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  • Uta Dahmen - Universitätsklinikum Jena, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Jena, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie. 133. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Berlin, 26.-29.04.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgch260

doi: 10.3205/16dgch260, urn:nbn:de:0183-16dgch2602

Published: April 21, 2016

© 2016 Dahmen.
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Einleitung: Die zunehmende Arbeitsverdichtung reduziert das Zeitfenster, das im Routinebetrieb für praktische Ausbildung und Vermittlung chirurgischer Fertigkeiten zur Verfügung steht. Daher wird Lern- und Übungsphasen praktischer chirurgischer Fertigkeiten zunehmend vom Op-saal in geschützte Übungsumgebung z.B. in Skills-Labs verlegt.

Die Konzeption und Durchführung expliziter Kurse ist jedoch mit erheblichen finanziellen und personellen Aufwand verbunden. Ist dieser Aufwand gerechtfertigt?

Ziel der Studie ist eine Kosten-Nutzen-Abschätzung zwischen Vermittlung chirurgischer Fertigkeiten und Vermittlung im laufenden Routinebetrieb.

Material und Methoden: Am Universitätsklinikum Jena wird seit Oktober 2011 ein Intensivkurs Chirurgische Techniken für Medizinstudierende, PJ-ler und Berufseinsteiger angeboten. Der Kurs ist als Wahlpflichtfach konzipiert und basiert auf lerntheoretischen Prinzipien.

Das Erreichen der Lernziele wird während und nach dem Kurs mittels eines freiwilligen Testes überprüft.

Um einen Vergleich zu ermöglichen haben wir die Entwicklungskosten des Kurses sowie die laufenden Kosten der Durchführung ermittelt und den abgeschätzten Kosten bei vergleichbarem Aufwand während des Routinebetriebes gegenübergestellt.

Ergebnisse: Bisher haben 194 Studierende am Kurs teilgenommen.

Die meßbare Ergebnisqualität beim Stresstest innerhalb des Kurses und beim Nachhaltigkeitstest 6-12 Wochen nach dem Kurs war gut bis sehr gut.

Insgesamt entstehen für die Durchführung des Kurses Kosten in Höhe von circa 395€/Student. Die Investitionskosten pro Student für Instrumente belaufen sich auf circa 28€/Student. Die Verbrauchsmaterialien (Biomaterial, Nahtmaterial, Skript) belaufen sich auf circa 31€/Student. Die Personalkosten/Student für die Vorbereitung und Durchführung des Kurses betragen circa 249€. Die Kosten/Student für die Auswertung betragen circa 56€. Die Personalkosten/Student für die Administration betragen 31€.

Die Kosten für eine Minute OP-Betrieb hingegen betragen durchschnittlich 24€. Die Verzögerung einer Operation um nur 10min durch die Tätigkeit eines ungelernten Studenten bei seiner ersten Hautnaht kostet demzufolge 240€.

Schlussfolgerung: Wenn auch nicht formal geprüft, ist es unwahrscheinlich, dass bei gleichen Kosten in dieser ungleich kürzeren Zeit der gleiche Zuwachs an Fertigkeiten entstehen kann, wie in einem strukturierten Kurs, der sich über eine Woche erstreckt. Die kostenintensive Zeit im Operationsbetrieb sollte nicht mehr für die ersten Lernversuche von Studenten genutzt werden.

Allein aus wirtschaftlichen Gründen leiten sich zwei Forderungen ab:

1.
Chirurgisch-praktische Fertigkeiten müssen in didaktisch-hochwertige Kursen entwickelt werden, in denen die geforderten Fertigkeiten mit hoher Effizienz und hoher Qualität erworben werden können.
2.
Berufsanfänger dürfen nur dann im Op-Betrieb eingesetzt werden, wenn sie ein zu definierendes Mindestmaß an Fertigkeiten nachweislich erworben haben.

Die zunehmende Arbeitsverdichtung erfordert die Verlagerung der Lern- und Übungsphase praktischer chirurgischer Fertigkeiten vom Operationssaal in eine geschützte Übungsumgebung. So Der Studierende kann nicht mehr unter der Anleitung eines erfahrenen Operateurs seine ersten Nähversuche im laufenden Op-Betrieb durchführen.