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Einfluß der intra- und postoperativen Strahlentherapie auf das funktionelle Ergebnis nach tiefer anteriorer Resektion beim Rektumkarzinom
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Published: | June 15, 2005 |
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Einleitung
Nach kurativer Resektion tiefsitzender Rektumkarzinome im Stadium II und III wird eine adjuvante Strahlen- und Chemotherapie zur Reduktion des Rezidivrisikos angewandt. Eine intraoperative Strahlentherapie (IORT) reduziert die erforderliche perkutane Strahlendosis und soll damit auch radiogene Nebenwirkungen reduzieren. Bisher liegen aus der Therapie des Rektumkarzinoms dazu keine Daten vor. Diese Analyse untersucht die funktionelle Auswirkung der IORT und postoperativen Aufsättigung auf die Enddarmfunktion nach tiefer anteriorer Rektumresektion.
Material und Methoden
In einer Kohortenstudie wurden 100 konsekutive Patienten mit tiefsitzendem Rektumkarzinom (<8cm ab Kryptenlinie) und kurativer Resektion mit totaler mesorektaler Exzision ausgewählt. Im Stadium I wurde die tiefe anteriore Resektion allein durchgeführt. Im Stadium II und III wurde zusätzlich eine IORT mit 12Gy und postoperativer Aufsättigung mit 45 Gy vorgenommen. Die Nachbeobachtungszeit betrug mindestens 2 Jahre. Ausgeschlossen wurden Patienten mit neoadjuvanter Radiochemotherapie, postoperativer Anastomoseninsuffizienz oder Lokalrezidiv. Alle Patienten beantworteten einen detaillierten Fragebogen. 63 Patienten unterzogen sich einer klinischen Nachuntersuchung einschließlich Sphinkterdruckmessung und Endosonographie.
Ergebnisse
Von 1995 bis 2000 erhielten 51 Patienten mit Stadium I (Gruppe A) eine tiefe anteriore Rektumresektion allein. 37 Patienten mit Stadium II und III (Gruppe C) erhielten eine IORT mit postoperativer Aufsättigung und 12 Patienten mit präoperativer Diagnose eines T3- oder N1/2-Tumors und postoperativ pathologisch gesicherter Diagnose eines Stadium I (Gruppe B) erhielten eine IORT ohne Fortführung der postoperativen Strahlentherapie.Die Gruppen unterscheiden sich nicht in Alter, Geschlecht, Tumorhöhe, Art der Resektion, der sphinkternahen Rekonstruktionsmethoden (End-/End-Handnaht, Double-Stapling, Kolondurchzug, J-Pouch) und der Häufigkeit eines protektiven Anus praeter.Eine mäßige bis starke Funktionsbeeinträchtigung gaben 24% der Gruppe A (ohne Radiatio), 42% der Gruppe B (nur IORT) und 63% der Gruppe C (IORT mit postoperativer Aufsättigung) an. Der Kontinenzscore nach Wexner war in den Gruppen A, B und C signifikant unterschiedlich (p<0,001 Kruskal-Wallis-Test) und verschlechterte sich mit zunehmender Strahlendosis. Klinisch äußerte sich dies im Vergleich der Gruppen A und C signifikant in der Häufigkeit einer Urge-Inkontinenz (p<0,04 Wilcoxon-Test*), einer erhöhten Stuhfrequenz tagsüber (p<0,02*), einer verlängerten Entleerungsphase (p<0,04*) und dem Erfordernis Einlagen zu tragen (p<0,04*). Die Sphinktermanometrie ergab eine Reduktion der Sphinkterfunktion in Ruhe (p<0,01*) mit einem erhöhten Asymmetrie-Index in Ruhe (p<0,008*). Die Endosonographie zeigte keine nachweisbaren Unterschiede in der Sphinkterdarstellung. [Tab. 1]
Schlussfolgerung
Die intraoperative Radiotherapie (IORT) mit postoperativer perkutaner Aufsättigung führt nach teifer anteriorer Rektumresektion zu einer signifikanten Verschlechterung der Kontinenz, die in vermindertem Maß bereits nach einer IORT nachweisbar ist, was auf eine Dosisabhängigkeit der radiogenen Funktionsbeeinträchtigung hindeutet. Die klinische Funktionsverschlechterung bildet sich nur schlecht in den apparativen Meßparametern ab. Die funktionellen Spätergebnisse müssen bei der Planung multimodaler Therapieschemata für tiefsitzende Rektumkarzinome berücksichtigt werden, da die langfristige Beeinträchtigung von Patienten nach tiefer anteriorer Rektumresektion erheblich sein kann.