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Der klinische Verlauf nach großen Operationen korreliert mit einer frühen intestinalen Barrierestörung
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Published: | June 15, 2005 |
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Einleitung
Nach grossen Operationen wird eine überschießende Immunantwort (SIRS) beobachtet, die als als wichtige Ursache des Multiorgandysfunktionssyndroms (MODS) angesehen wird. Der Pathomechanismus dieses frühpostoperativen SIRS ist nicht bekannt. Bei der „Darm-Sepsis-Hypothese" geht man davon aus, dass der Zusammenbruch der intestinalen Barriere mit bakterieller Translokation ein wesentlicher Schritt zur Entwicklung des SIRS ist. Daten hierzu basieren im Wesentlichen auf Tierversuchen; die wenigen klinischen Studien zeigen bislang widersprüchliche Ergebnisse. Die vorliegende klinische Studie untersucht prospektiv den Zusammenhang zwischen einem Verlust der intestinalen Barriere und dem Risiko eines Multiorganversagens nach grossen operativen Eingriffen der Viszeral- und Gefäßchirurgie.
Material und Methoden
36 Patienten (68±20 Jahre; m:w 20:16) nach grossen, elektiven abdominal- und gefäßchirurgischen Eingriffen (Oesophagektomien (3), colorektale Resektionen (18), Aorteneingriffe (15) ) wurden in die Studie eingeschlossen. Es wurden präoperativ sowie 24, 72 und 120 Stunden postoperativ klinische Daten und Laborwerte erhoben. Für die intestinale Permeabilität wurden Konzentrationen oral applizerter Zucker (15g Lactulose; 0,5g Mannitol, 2,0g Rhamnose, 1,0 g Xylose) im Urin (HPLC) bestimmt. Die Objektivierung des klinischen Verlaufs erfolgte mittels APACHE II, ein Multiorganversagen evaluierten wir mit dem MOF-Score nach Goris.
Ergebnisse
Wir konnten anhand des APACHE II und des MOF-Scores nach Goris Patienten mit ungünstiger Prognose (Multiorganversagen; Gruppe 1; n= 10 APACHE II ≥10, MOF-Score ≥5) sowie Patienten günstiger Prognose (Gruppe 2; n=26) unterscheiden. Nach enteraler Applikation von Mono- und Disachariden konnte anhand der Exkretion von Mannitol im Urin eine signifikant gesteigerte intestinale Permeabilität 24 und 72 Stunden postoperativ in der Gruppe mit ungünstiger Prognose gefunden werden. 120 Stunden postoperativ konnte dieser Unterschied zwischen den Gruppen nicht mehr aufgezeigt werden. Die Urinkonzentration korrelierte zu den jeweiligen Messzeitpunkten mit dem MOF-Score nach Goris und nach 72 Stunden sogar mit der Überlebenswahrscheinlichkeit der Patienten. Der Lactulose/Rhamnose-Quotient zeigte die gleiche Tendenz der Zunahme der intestinalen Permeabilität in der Patientengruppe mit schlechtem klinischen Verlauf ohne Nachweis einer Signifikanz. Mittels ROC-Analyse konnte ein Grenzwert für die Darmpermeabilität ermittelt werden (L/R-Quotient=1,20), der 72 Stunden postoperativ gut prädiktiv für das Überleben der Patienten nach grossen operativen Eingriffen ist. [Tab. 1]
Schlussfolgerung
Die Ergebnisse bestätigen, daß Patienten, die eine Multiorganversagen entwickeln, eine frühpostoperative Erhöhung der intestinalen Permeabilität haben. Diese Beobachtungen sind mit der Darm-Multiorganversagen-Hypothese gut vereinbar und weisen darauf hin, daß das intestinale Versagen im Sinne einer Störung der Barrierefunktion ein entscheidender Faktor zur Entwicklung eines Multiorganversagens für Patienten nach grossen Operationen darstellt.