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56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

15. - 17.09.2022, Greifswald

Quantifizierung des prädiktiven Wertes von Instrumenten zur Messung von anticholinerger Last und Symptomen zur Vorhersage von Stürzen bei älteren Patient:innen mit Multimedikation

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Truc Sophia Dinh - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Andreas D. Meid - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, Heidelberg, Deutschland
  • Henrik Rudolf - Ruhr-Universität Bochum, Abteilung für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Bochum, Deutschland
  • Maria-Sophie Brückle - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Ana Isabel González-González - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Veronika Bencheva - Universität Witten/Herdecke, Philipp Klee-Institut für Klinische Pharmakologie, Deutschland
  • Matthias Gogolin - Universität Witten/Herdecke, Philipp Klee-Institut für Klinische Pharmakologie, Deutschland
  • Kym I.E. Snell - Keele University, Centre for Prognosis Research, School of Medicine, Großbritannien
  • Petra J.M. Elders - Amsterdam UMC, General Practice and Elderly Care Medicine, Niederlande
  • Petra Thürmann - Universität Witten/Herdecke, Philipp Klee-Institut für Klinische Pharmakologie, Deutschland
  • Norbert Donner-Banzhoff - Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland
  • Jeanet W. Blom - Leiden University Medical Center, Department of Public Health and Primary Care, Leiden, Niederlande
  • Marjan van den Akker - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland; Maastricht University, Department of Family Medicine, Care and Public Health Research Institute, Maastricht, Niederlande; KU Leuven, Department of Public Health and Primary Care, Academic Centre of General Practice, Leuven, Belgien
  • Ferdinand M. Gerlach - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Sebastian Harder - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Klinische Pharmakologie, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Ulrich Thiem - Albertinen Haus, Zentrum für Geriatrie und Gerontologie, Deutschland; Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Hamburg, Deutschland
  • Paul Glasziou - Bond University, Faculty of Health Sciences and Medicine, Australien
  • Walter E. Haefeli - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, Heidelberg, Deutschland
  • Christiane Muth - Universität Bielefeld/ Medzinische Fakultät OWL, AG 5 Allgemein- und Familienmedizin, Bielefeld, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Greifswald, 15.-17.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocSYM-04-02

doi: 10.3205/22degam261, urn:nbn:de:0183-22degam2611

Published: September 15, 2022

© 2022 Dinh et al.
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Text

Hintergrund: Medikamente mit anticholinergen (ACh) Nebenwirkungen sind mit vielfältigen negativen Outcomes (z.B. Stürze) assoziiert. Existierende Instrumente zur Erhebung der anticholinergen Belastung sind heterogen, inkonsistent in der Bewertung einzelner Wirkstoffe, berücksichtigen keine interindividuellen Unterschiede oder Resilienz und sind eingeschränkt alltagstauglich.

Fragestellung: Welches aus fünf ACh-Instrumenten sagt Stürze bei älteren hausärztlichen Patient:innen mit Multimedikation am besten vorher? Welchen zusätzlichen prädiktiven Wert haben ACh-Symptome?

Methoden: Der Endpunkt wurde definiert als „≥ 1 Sturz“ vs. „kein Sturz“ innerhalb von 6 Monaten. Aus zwei deutschen cluster-randomisierten kontrollierten Studien wurden Daten für die Modellentwicklung (RIME-Studie: n = 1.197) und für die externe Validierung (PRIMUM: n = 502) in logistischen Regressionsmodellen verwendet. Die Modelle wurden schrittweise entwickelt, um den prädiktiven Wert von ACh-Instrumenten und ACh-Symptomen zu quantifizieren und berücksichtigten Prädiktorvariablen zu: Soziodemografie, Lebensstil, Morbidität, Gesundheitsstatus, Medikation, ACh-Belastung und ACh-Symptome.

Ergebnisse: Der allgemeine prädiktive Wert von ACh-Instrumenten war limitiert; die Instrumente unterschieden sich nicht signifikant. Weder die Art der ACh-Variable noch dosis(-un-)abhängige Instrumente zeigten signifikante Unterschiede. Von den einbezogenen ACh-Instrumenten sagte der von Kiesel et al. (2018) entwickelte Anticholinergic Burden Score Stürze am besten voraus (c-statistic 0,73; nach externer Validierung 0,63). Vorangegangene Stürze und Schwindel hatten in allen Modellen den stärksten prognostischen Wert.

Diskussion: Zur Vorhersage von Stürzen zeigten heterogene ACh-Instrumente keine signifikanten Unterschiede, vorangegangene Stürze und Schwindelsymptome waren die stärksten Prädiktoren in allen Modellen.

Take Home Message für die Praxis: Der prädiktive Wert von bisherigen ACh-Instrumenten zur Sturzvorhersage ist limitiert. Eine Überprüfung anticholinerger Medikation ist insbesondere bei Patient:innen mit vorangegangenen Stürzen und Schwindelsymptomen sinnvoll.