gms | German Medical Science

56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

15. - 17.09.2022, Greifswald

Der Einfluss von psychosozialer Belastung auf die Prognose hausärztlicher Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz und komorbider Nierenerkrankung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Sigrid Boczor - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Marion Eisele - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Anja Rakebrandt - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Agata Menzel - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Eva Blozik - Universität Zürich, Institut für Hausarztmedizin, Zürich, Schweiz
  • Jens-Martin Träder - Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Institut für Allgemeinmedizin, Lübeck, Deutschland
  • Stefan Störk - Universitätsklinikum Würzburg (UKW), Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI), Würzburg, Deutschland
  • Christoph Hermann-Lingen - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Göttingen, Deutschland
  • Martin Scherer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Greifswald, 15.-17.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocV-14-05

doi: 10.3205/22degam081, urn:nbn:de:0183-22degam0812

Published: September 15, 2022

© 2022 Boczor et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund: Sowohl psychosoziale Belastung (PSB: Depression/Angsterkrankungen) als auch chronische Nierenerkrankungen (NE) erhöhen das Mortalitäts- und Hospitalisierungsrisiko bei Patient:innen mit Herzinsuffizienz (HI). Unklar ist bisher, ob PSB den bekannten Einfluss von Nierenerkrankungen (NE) bei HI-Patient:innen moderiert.

Fragestellung: Moderiert PSB bei HI-Patient:innen den Einfluss einer Nierenerkrankung auf Mortalität/Hospitalisierung?

Methoden: Durchgeführt wurde eine Post-hoc-Analyse der prospektiven RECODE-HF-Studie an Patient:innen mit dokumentiertem 12-Monats-Endpunkt Tod/Hospitalisierung (n=3.164). Die Prognose wurde mittels Cox-Proportional-Hazard-Regression modelliert und die Hazard Ratio (95%-Konfidenzintervall) berichtet.

Ergebnisse: N=947 (30%) des Kollektivs hatten eine PSB (PSB+) und n=918 (29%) eine NE (NE+). In 50% waren beide Faktoren abwesend (Referenzgruppe;NE-/PSB-); 10% hatten beide Faktoren (NE+/PSB+). Es gab 722 kombinierte Endpunkte (Todesfälle:73;Hospitalisierungen:649). Das unadjustierte Sterbe-/Hospitalisierungsrisiko war im Vergleich zur Referenzgruppe für alle Subgruppen (p<0,001) erhöht; PSB+/NE-: 1,50 (1,24–1,82); PSB-/NE+: 1,44 (1,18–1,76); NE+/PSB+: 2,80 (2.27–3,46). Die multivariate Cox-Regression (n=2.896) zeigte ebenfalls ein erhöhtes Sterbe-/Hospitalisierungsrisiko für PSB+/NE- (1,52 (1,24–1,87;p<0,001)); PSB-/NE+ (1,30 (1,05–1,60;p=0,015)) und PSB+/NE+ (2,07 (1,64–2,62;p<0,001)). Neben PSB waren Alter (1,01 (1,00–1,02;p=0,005), männliches Geschlecht (1,25 (1,06–1,46;p=0,007)) und kardiale Arrhythmien (1,28 (1,09–1,51;p=0,003)) unabhängige Risikofaktoren. Das Sterbe-/Hospitalisierungsrisiko stieg im Vergleich mit NYHA I auffällig mit jedem NYHA-Stadium: NYHA II (1,95 (1,52–2,50;p<0,001)); NYHA III (2,44 (1,86–3,19;p<0,001)); NYHA IV (3,97 (2,63–5,99;p<0,001)). Protektiv wirkten tägliche körperliche Bewegung (0,83 (0,71–0,97;p=0,020)) und arterielle Hypertonie (0,85 (0,72–0,99;p=0,037)).

Diskussion: Das Vorliegen einer PSB verstärkt den ungünstigen Effekt einer Nierenerkrankung bei Patient:innen mit HI. Weitere Risikofaktoren waren Alter, Geschlecht, NYHA II-IV und kardiale Arrhythmien. Protektive Faktoren waren tägliche körperliche Bewegung und arterielle Hypertonie, eventuell basierend auf besserer medikamentöser Einstellung. RCTs werden benötigt, um Screening-Effekte auf PSB bei HI-Patient:innen und komplexe Moderationen von Komorbiditäten zu untersuchen.

Take Home Message für die Praxis: Frühes NYHA-Stadium Einschätzen und Erkennen von PSB insbesondere bei komorbider Nierenerkrankung könnte helfen, therapeutische Maßnahmen zu indizieren und konsekutiv die Prognose zu verbessern.