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56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

15. - 17.09.2022, Greifswald

Auswirkung der intensivmedizinischen Katecholamingabe auf den Schweregrad nachfolgender psychischer Belastung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Johanna Maria Dohmann - Ludwigs-Maximilians-Universität München, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland
  • Janina Haselwarter - Ludwigs-Maximilians-Universität München, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland
  • Linda Sanftenberg - Ludwigs-Maximilians-Universität München, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland
  • Konrad Schmidt - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Gliedkörperschaft der Freien Universität Berlin und Humboldt Universität zu Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
  • Sabine Gehrke-Beck - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Gliedkörperschaft der Freien Universität Berlin und Humboldt Universität zu Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
  • Ulf-Dietrich Reips - Universität Konstanz, Fachbereich Psychologie, Konstanz, Deutschland
  • Thomas Elbert - Universität Konstanz, Fachbereich Psychologie, Konstanz, Deutschland
  • Jochen Stefan Gensichen - Ludwigs-Maximilians-Universität München, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Greifswald, 15.-17.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocV-11-05

doi: 10.3205/22degam063, urn:nbn:de:0183-22degam0631

Published: September 15, 2022

© 2022 Dohmann et al.
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Text

Hintergrund: Etwa 20% aller Patient:innen erleiden nach intensivmedizinischer Behandlung ein Post-intensive-care Syndrome (PICS), das eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und Angstsymptome beinhalten kann. Während intensivmedizinischer Behandlungen werden Katecholamine häufig zur medikamentösen Kreislaufunterstützung verwendet. Endogene Katecholamine spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung von PTBS und Angstsymptomen.

Fragestellung: Wie wirkt sich die medikamentöse Katecholamingabe auf nachfolgende psychologische Belastungen nach intensivmedizinischer Behandlung aus?

Methoden: Im Rahmen der multizentrischen, randomisiert-kontrollierten Studie „PICTURE“, erhalten Patient:innen mit mittelschweren PTSD-Symptomen nach intensivmedizinischer Behandlung eine gesprächstherapiebasierte Kurzintervention durch ihr hausärztliches Praxisteam. Zur Beurteilung der psychischen Belastung der Patient:innen vor Studieneinschluss, wird die Posttraumatic Diagnostic-Scale (PDS-5) beziehungsweise Overall-Anxiety-and-Impairment-Scale (OASIS) verwendet. Die Medikation während des intensivmedizinischen Aufenthalts wird mittels ärztlicher Entlassbriefe retrospektiv erfasst. Zum statistischen Vergleich wird ein Mann-Whitney-U-Test durchgeführt.

Ergebnisse: Von 219 Patient:innen mit einer mittelschweren PTBS (Median PDS-5= 30), konnte bei 165 Patient:innen (82,1%) auch eine ausgeprägte Angstsymptomatik festgestellt werden (Median OASIS= 6). 168 Patient:innen (78,9%) erhielten Katecholamine. Die Katecholamingabe hatte keine signifikante Auswirkung auf den Schweregrad der PTBS. Jedoch zeigten Patient:innen mit Katecholaminbehandlung einen signifikant höheren OASIS-Score (Median= 7) als Patient:innen ohne Katecholaminbehandlung (Median= 5, p=0,032). Die Tendenz der medianen OASIS-Summenscores lässt außerdem eine dosisabhängige Steigerung vermuten, wobei nur der Unterschied zwischen der Gruppe „keine Katecholamine“ und „Hochdosis“ statistisch signifikant war (p=0,008, zweiseitig).

Diskussion: Möglicherweise haben exogen zugeführte Katecholamine ähnliche psychogene Effekte wie endogene Katecholamine. Weitere Forschung ist erforderlich, um Katecholamin-Substanzen, Dosierungen und Applikationsformen vergleichen zu können. Um Aussagen zu Prävalenz und Aggravierung einer bestehenden Angststörung treffen zu können, müssten diese bereits vor der intensivmedizinischen Behandlung erhoben werden.

Take Home Message für die Praxis: Viele Patient:innen benötigen nach intensivmedizinischen Behandlung eine gute Weiterbetreuung durch ihr hausärztliches Praxisteam. Um das Risiko von Angstsymptomen einschätzen zu können, können Detailkenntnisse über die intensivmedizinische Behandlung in Form eines ausführlichen ärztlichen Entlassbriefs für Hausärzt:innen sinnvoll sein.