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56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

15. - 17.09.2022, Greifswald

Qualitätsindikatoren für Multimorbidität: erste Ergebnisse aus der praktischen Anwendung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Josefine Schulze - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Ingmar Schäfer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Amanda Breckner - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, KWBW, Heidelberg, Deutschland
  • Katharina Glassen - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, KWBW, Heidelberg, Deutschland
  • Heike Hansen - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Anja Rakebrandt - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Eva Blozik - Universitätsspital Zürich, Institut für Hausarztmedizin, Zürich, Schweiz
  • Joachim Szescenyi - Universitätsklinikum Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, KWBW, Heidelberg, Deutschland
  • Martin Scherer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Dagmar Lühmann - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Greifswald, 15.-17.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocV-11-04

doi: 10.3205/22degam062, urn:nbn:de:0183-22degam0628

Published: September 15, 2022

© 2022 Schulze et al.
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Text

Hintergrund: In der Versorgung multimorbider Patient:innen stehen Hausärzt:innen vor der Herausforderung, die Behandlung vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Evidenz, Patient:innenpräferenzen und Krankheitskombinationen auf der Grundlage ihrer klinischen Expertise zu gestalten. Krankheitsbezogene Qualitätsmaße reflektieren diese Komplexität nicht hinreichend. Die Implementierung von multimorbiditätsspezifischen Behandlungsstandards, die diese Aushandlungsprozesse berücksichtigen, könnte zu einer Verbesserung der Versorgung beitragen und einen Schutz vor Unter-, Über- oder Fehlversorgung bieten. Im Rahmen des Projekts wurden Qualitätsindikatoren für Multimorbidität entwickelt, die den Umsetzungsgrad evidenz- und konsensbasierter Behandlungsstandards anzeigen und damit Versorgungsqualität transparent und vergleichbar machen.

Fragestellung: Die Studie verfolgt das Ziel, mit Hilfe dieser neu entwickelten Qualitätsindikatoren systematisch den IST-Zustand der Versorgungspraxis zu erfassen und Bereiche zu identifizieren, in denen zusätzlicher Handlungsbedarf besteht.

Methoden: Im Rahmen einer Querschnittsbefragung wurden 25 Qualitätsindikatoren für 346 Patient:innen aus 35 hausärztlichen Praxen hinsichtlich durchschnittlichem Erfüllungsgrad, Dokumentationsraten und Potential der Indikatoren zur Erkennung ungedeckter Versorgungsbedarfe untersucht.

Ergebnisse: Zwar berichteten Patient:innen über hohe Zufriedenheit im Hinblick auf die gemeinsame Entscheidungsfindung, Behandlungsziele oder Patient:innen-Präferenzen wurden jedoch häufig nicht explizit erfasst (Erfüllungsgrad: 48.6% bzw. 46.1%). Geringe Erfüllungsgrade hinsichtlich der Indikatoren zur Förderung des Selbstmanagements (23.9%). Erstellung von schriftlichen Behandlungsplänen (9.1%) und der Berücksichtigung finanzieller Schwierigkeiten (19.1%) zeigen Optimierungspotential an. Die teils geringen Dokumentationsraten (zwischen 41.0 und 93.8%) bzgl. der untersuchten Qualitätskriterien erschweren die Umsetzung eines routinemäßigen Qualitätsmonitorings. Drei Indikatoren wurden aufgrund mangelnder Anwendbarkeit aus dem Set ausgeschlossen.

Diskussion: Eine stärkere Implementierung von Depressionsscreenings und gezielter Schmerzassessments könnte dabei helfen, Behandlungsbedarfe aufzudecken. Längsschnittstudien sind vonnöten, um die potenziellen Kosten und Nachteile sowie den langfristigen Nutzen der Verwendung dieser Qualitätsindikatoren zu prüfen.

Take Home Message für die Praxis: Mit dem Indikatorenset steht erstmals ein Messinstrument speziell für die Qualität der Versorgung multimorbider Patient:innen zur Verfügung. Die Studie zeigt Ansatzpunkte für Qualitätsmonitoring und -verbesserung bei multimorbiden Patient:innen in der hausärztlichen Versorgung auf.