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56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

15. - 17.09.2022, Greifswald

Förderung des Selbstmanagements von Patient:innen zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen – qualitative Bewertungen der Intervention DECADE

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Iris Tinsel - Universitätsklinikum Freiburg, Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung, Freiburg, Deutschland
  • Theresa Keitel - Universitätsklinikum Freiburg, Institut für Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland
  • Andy Maun - Universitätsklinikum Freiburg, Institut für Allgemeinmedizin, Freiburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Greifswald, 15.-17.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocV-03-03

doi: 10.3205/22degam015, urn:nbn:de:0183-22degam0150

Published: September 15, 2022

© 2022 Tinsel et al.
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Hintergrund: Herz-Kreislauf-Risiko-Beratungen können Hausärzt:innen und Patient:innen in der Routineversorgung vor große Herausforderungen stellen. In der komplexen Intervention DECADE werden der Herz-Kreislauf-Risiko-Rechner „arriba“, patient:innenzentrierte Folgeberatungen und evidenzbasierte DECADE-Materialien für Patient:innen eingesetzt. In der DECADE-Pilotstudie hatte die Intervention einen positiven Einfluss auf das primäre Outcome „Patientenaktivierung„ (PAM-13) und u.a. auf das Gesundheitsverhalten.

Fragestellung: Wie bewerten Patient:innen und Hausärzt:innen die (Teil-)Interventionen? Welche Faktoren tragen dazu bei, die Bereitschaft von Patient:innen zu erhöhen, sich mit ihrem Gesundheitsverhalten auseinanderzusetzen?

Methoden: In der zweiarmigen randomisiert-kontrollierten Pilotstudie mit [A] patient:innenzentrierten Folgeberatungen und [B] patient:innenzentrierten Folgeberatungen plus DECADE-Materialien wurden Patient:innen standardisiert und halbstandardisiert per Fragebogen befragt. Mit Hausärzt:innen wurden halbstandardisierte Telefoninterviews geführt. Die Tonaufnahmen wurden transkribiert. Alle qualitativen Daten wurden inhaltsanalytisch analysiert (MAXQDA), die quantitative formative Datenauswertung erfolgte deskriptiv (SPSS).

Ergebnisse: Hausärzt:innen (N=6) bewerteten die patient:innenzentrierten Folgeberatungen als vorteilhaft. Die mittlere Zufriedenheit der Patient:innen (N=78) mit den Beratungen war mit 1.4 (±0.6) Punkten ebenfalls gut (Skala 1–4). Zwischen 88% und 100% der Patient:innen des Studienarms [B], die die DECADE-Materialien erhalten und bewertet haben (N=34), äußerten sich (sehr) positiv zur Verständlichkeit, Gestaltung, zum Umfang sowie zur Motivation. Die meisten Hausärzt:innen waren skeptischer, bezüglich der Verständlichkeit, der Bereitschaft der Patient:innen sich mit den Materialien auseinanderzusetzen und schätzten den Effekt der Broschüren auf die ‚Patientenaktivierung‘ geringer, als dies die Ergebnisse der statistischen Analysen zeigten. Die qualitativen Aussagen legen nahe, dass die Patient:innenaktivierung eher gelang, wenn Hausärzt:innen die Prinzipien der patient:innenzentrieren Folgeberatungen berücksichtigten.

Diskussion: Eine Patient:innenaktivierung ist durch die DECADE-Intervention möglich. Patient:innen waren stärker bereit, sich mit den DECADE-Materialien auseinanderzusetzen, als von Hausärzt:innen angenommen. Dieses Ergebnis wurde inzwischen in einer weiteren DECADE-Evaluationsstudie bestätigt. Die formative Evaluation zeigte Optimierungsmöglichkeiten der DECADE-Intervention, die seit 2021 in einer cluster-randomisierten Studie getestet wird.

Take Home Message für die Praxis: Patient:innen sind häufig stärker bereit, sich mit ihrem Gesundheitsverhalten auseinanderzusetzen, als von Hausärzt:innen angenommen. Förderfaktoren sind patient:innenzentrierte Folgeberatungen und der Einsatz evidenzbasierter Patient:innenmaterialien.