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Inwieweit beeinflussen Ängste vor juristischen Konsequenzen die hausärztliche Tätigkeit?
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Published: | September 15, 2022 |
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Hintergrund: Ärztliche Entscheidungen werden neben Zeitdruck und wirtschaftlichen Zwängen auch durch rechtliche Vorgaben beeinflusst. Diese Vorgaben lösen unter Umständen Befürchtungen aus, die zur sog. ‚Defensivmedizin‘ (hier in der Bedeutung: unnötige, medizinisch nicht indizierte Maßnahmen, die aus Absicherungsgründen durchgeführt werden) führen können.
Fragestellung: Inwieweit beeinflussen Ängste vor juristischen Konsequenzen die hausärztliche Tätigkeit?
Methoden: Ein Online-Fragebogen mit 23 Items wurde auf der Grundlage eines Scoping-Reviews, der Ergebnisse von 10 Interviews mit Ärzt:innen (33% weiblich) und den Erfahrungen der Autor:innen (DO: Juristin, CS: Studierende der Humanmedizin, JS: Facharzt für Allgemeinmedizin) entwickelt. Über den E-Mail-Verteiler des Instituts für hausärztliche Fortbildung im Deutschen Hausärzteverband und dem allgemeinmedizinischen Listserver wurden im April 2022 bundesweit Hausärzt:innen angeschrieben und einmalig erinnert. Die Analyse erfolgt rein deskriptiv mit SPSS. Die Online-Umfrage läuft noch bis zum 31.05.2022. Die endgültigen Ergebnisse werden auf dem Kongress vorgestellt werden.
Ergebnisse: Bisher konnte ein Rücklauf von 402 Teilnehmenden erzielt werden. Diese waren im Mittel 49 Jahre alt und zu 49% weiblich. 49% der Teilnehmenden fühlten sich (sehr) durch rechtliche Vorgaben in ihrem ärztlichen Handeln beeinflusst. Bei 27% waren Ängste vor juristischen Konsequenzen „ziemlich“ bis „sehr“ ausgeprägt. 17% wurden bereits berufsbezogen zivilrechtlich verklagt. 54% führten mindestens einmal in der Woche eine Laboruntersuchung durch, für die es keine Indikation gab, gefolgt von 45%, die ohne Indikation eine Überweisung ausstellten. Häufigste Gründe für dieses Handeln waren „sich rechtlich absichern zu wollen“ (38%), „die Angst, etwas zu übersehen“ (35%) und „Zeitmangel“ (33%).
Diskussion: Ängste vor juristischen Konsequenzen spielen eine große Rolle im hausärztlichen Alltag und sind ein Faktor, der Defensivmedizin fördert.
Take Home Message für die Praxis: In die ärztliche Aus- und Weiterbildung sollten der Umgang mit Unsicherheit im diagnostischen/therapeutischen Prozess sowie mit Behandlungsfehlern einbezogen werden, um Sorgen vor juristischen Konsequenzen sachlich entgegenzuwirken.