gms | German Medical Science

56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

15. - 17.09.2022, Greifswald

„Was verstehen Sie unter Überversorgung?“ – Erfassung von Wahrnehmung und Ansichten zu Überversorgung bei Bürger:innen, eine Online-Befragung

Meeting Abstract

Search Medline for

  • presenting/speaker Susann Hueber - Universitätsklinikum Erlangen, Institut für Allgemeinmedizin, Erlangen, Deutschland
  • Carolin Nürnberger - Universitätsklinikum Erlangen, Institut für Allgemeinmedizin, Erlangen, Deutschland
  • Thomas Kühlein - Universitätsklinikum Erlangen, Institut für Allgemeinmedizin, Erlangen, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Greifswald, 15.-17.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocV-01-02

doi: 10.3205/22degam002, urn:nbn:de:0183-22degam0024

Published: September 15, 2022

© 2022 Hueber et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund: Um Überversorgung zu begegnen sollte das Verständnis nicht nur bei Ärzt:innen und Gesundheitsberufen, sondern auch bei Bürger:innen gefördert werden. Voraussetzung ist, dass zunächst deren Erfahrungen und Wissen zu Überversorgung verstanden werden.

Fragestellung: Welches Verständnis von Überversorgung haben Bürger:innen? Wie schätzen diese Relevanz, Ursachen, Folgen und potenzielle Lösungsansätze ein?

Methoden: Es wurde eine quantitative Online-Befragung durchgeführt. Die Befragten wurden gebeten anzugeben, was sie unter Überversorgung verstehen (offene Abfrage). Des Weiteren sollten Aussagen zu Ursachen, Folgen und Lösungsansätzen bewertet werden. Die Rekrutierung erfolgte über ein Panel der Schlesinger Group (Marktforschungsinstitut).

Ergebnisse: An der Befragung nahmen 406 Personen teil. Hinsichtlich Alter und Geschlecht entspricht die Stichprobe der Verteilung in der deutschen Bevölkerung. Ein Großteil hatte noch nie von Überversorgung gehört (58%). Etwa 60% vermuteten, dass Überversorgung „zu viel Medizin einschließlich Überbehandlung und Übertesten“ meint, während 15% damit hauptsächlich eine hohe Anzahl an Ärzt:innen pro Region assoziierten. Überversorgung wurde vor allem bei IGeL-Leistungen (56%), chirurgischen Eingriffen (45%) und Medikamentenverordnungen (37%) vermutet. Gründe wurden in der unkoordinierten Versorgung und finanziellen Anreizen gesehen, aber auch in der Erwartung der Patient:innen. Folgen seien steigende Kosten im Gesundheitswesen, während körperliche und seelische Risiken für Patienten seltener genannt werden. Einem Primärarztsystem als Lösungsansatz wird wenig Bedeutung beigemessen, wohl aber einer Kostenkontrolle und einer besseren Koordination zwischen Behandelnden. Hinsichtlich der soziodemografischen Gruppen gab es kaum Unterschiede im Antwortverhalten.

Diskussion: In der Einschätzung von Überversorgung nehmen finanzielle Themen bei Ursachen und Konsequenzen viel Raum ein. Die Ergebnisse lassen aber auch vermuten, dass die Befragten schnelles Handeln und viel Medizin positiv bewerten, was die Reduktion von Überversorgung erschweren dürfte.

Take Home Message für die Praxis: Medizinische Überversorgung ist vielen Bürgern nicht geläufig und wird häufig eindimensional auf finanzielle Themen beschränkt.