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55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

Die spirituelle Anamnese in der Hausarztpraxis – eine Mixed-method-Studie zu den Erfahrungen von Hausärzten und MFAs im Rahmen des HoPES3-Projekts (Vortrag im Rahmen des HoPES3-Symposiums)

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Carolin Huperz - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, Hannover, Deutschland
  • Eckhard Frick - Technische Universität München, Forschungsstelle Spiritual Care, München, Deutschland
  • Ruth Maechler - Technische Universität München, Forschungsstelle Spiritual Care, München, Deutschland
  • Noemi Sturm - UK Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • Friederike Schalhorn - UK Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen, Deutschland
  • Regina Stolz - UK Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen, Deutschland
  • Stefanie Joos - UK Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen, Deutschland
  • Jan Valentini - UK Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung, Tübingen, Deutschland
  • Cornelia Straßner - UK Heidelberg, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocSYM-07-03

doi: 10.3205/21degam270, urn:nbn:de:0183-21degam2702

Published: September 17, 2021

© 2021 Huperz et al.
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Text

Hintergrund: Spirituelle Bedürfnisse gewinnen insbesondere im Alter an Bedeutung und sollten im Rahmen einer ganzheitlichen, hausärztlichen Versorgung berücksichtigt werden. Im Rahmen des Projekts HoPES3 (Holistic Care Program for Elderly Patients to Integrate Spiritual needs, Social activity, and Self-care into Disease Management in Primary Care) wurden Hausärzte in dem Gesprächsmodell SPIR geschult und boten Patienten im Rahmen von DMP-Terminen eine spirituelle Anamnese an.

Fragestellung: Ziel dieser Studie war es, die Erfahrungen von Hauszärzten und Medizinischen Fachangestellten (MFAs) mit der spirituellen Anamnese hinsichtlich Akzeptanz, Umsetzbarkeit und Wirkweise zu explorieren.

Methoden: Es wurden semi-strukturierte Telefoninterviews mit 11 von 14 Hausärzten und 12 von 18 MFAs der Interventionsgruppe durchgeführt und inhaltsanalytisch ausgewertet. Zudem wurden die Hausärzte gebeten, nach jeder spirituellen Ananmese einen kurzen Fragebogen auszufüllen. 148 Fragebögen wurden ausgewertet.

Ergebnisse: Den Fragebögen zufolge wurde die spirituelle Anamnese in 27% der Fälle (n=38) als sehr oder ziemlich hilfreich empfunden und in 2% (n=3) der Fälle als sehr oder ziemlich belastend. In den Interviews berichteten die meisten Hausärzte, dass die spirituelle Anamnese “einfacher als als gedacht” war. Eine Schwierigkeit wurde darin gesehen, dass viele Patienten Spiritualität mit Glauben, Religion und Kirche assoziierten und überrascht, irritiert oder ablehnend reagierten. Der Nutzen für die Patienten wurde vor allem in der Möglichkeit gesehen, über emotionale, “nicht-medizinische” Themen zu sprechen und in der Stärkung des Bewusstseins für ihre eigenen Ressourcen. Der Nutzen für den Hausarzt wurde vor allem in einem Informationsgewinn über die Lebenswelt des Patienten und in einer vertieften Arzt-Patienten-Beziehung gesehen.

Diskussion: Bestimmte Patienten profitieren von einer spirituellen Anamnese. Sie wird nicht als belastend empfunden, auch wenn Patienten überrascht oder ablehnend reagieren.

Take Home Message für die Praxis: Ein proaktives Gesprächsangebot über die Spiritualität des Patienten kann eine sinnvolle Ergänzung im Rahmen der hausärztlichen Versorgung sein.