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55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

Ein ganzheitliches Programm für ältere Patienten zur Stärkung von spirituellen Bedürfnissen, sozialer Aktivität und Selbstfürsorge in der hausärztlichen Versorgung – Ergebnisse der HoPES3-Studie

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Arndt Büssing - Universität Witten/Herdecke, Professur für Lebensqualität, Spiritualität und Coping, Herdecke, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocSYM-07-01

doi: 10.3205/21degam268, urn:nbn:de:0183-21degam2687

Published: September 17, 2021

© 2021 Büssing.
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Hintergrund: Spiritual Care bezeichnet das Anliegen von Angehörigen der Gesundheitsberufe, sich auch um die existentiellen/spirituellen Bedürfnisse kranker, alter und belasteter Menschen (sowie ihrer Angehörigen) zu kümmern. Abgesehen von der palliativmedizinischen Versorgung ist dies jedoch oft mehr Ideal und Intention als tatsächlich im Gesundheitssystem verankerte und in der Ausbildung implementierte Praxis.

Fragestellung: Wie können existenzielle/spirituelle Bedürfnisse der Patient*innen strukturiert und standardisiert auch in ihrer Intensität erfasst und zu dokumentiert werden, sodass sie im Gesundheitssystem berücksichtigt werden können?

Methoden: Bericht aus eigener Forschungspraxis.

Ergebnisse: Um Spiritual Care kompetent und verlässlich interdisziplinär zur Anwendung zu bringen, müssen entsprechende Bedürfnisse erfasst und dokumentiert werden. Hierzu steht der deutschsprachige Spiritual Needs Questionnaire (SpNQ) mit 27 Items sowie der SpNQ-Screener mit 10 Items zur Verfügung. Empirische Untersuchungen zur Ausprägung dieser Bedürfnisse liegen aus unterschiedlichen Kulturkreisen vor. Wenn diese spirituellen Bedürfnisse erfasst sind, bedarf es angemessener Reaktionen, die mit den Patient*innen abzusprechen sind. Der Unterstützungsprozess umfasst mehrere Schritte:

1.
Erfassung der existenziellen/spirituellen Bedürfnisse,
2.
Erörterung der Intensität/Dringlichkeit und Abgleich mit den Kapazitäten sowie Kompetenzen des Teams,
3.
Erstellen eines Unterstützungsplans, 4) Umsetzung der konsentierten Angebote, 5) Erfassung der Auswirkungen und ggf. Anpassung.

Diskussion: Für ein modernes Gesundheitssystem, das einen umfassenden Versorgungsauftrag – trotz aller ökonomischer Belastungen – ernst nimmt, sollte die Berücksichtigung existenzieller/spiritueller Bedürfnisse nicht nur optional, sondern unabdingbar sein. Es wird damit deutlich zum Ausdruckt gebracht, dass Patient*innen mit ihrer spezifischen Lebenssituation, biografischem Hintergrund, Sinnsuche, Hoffnungen und religiösen und nicht-religiösen Überzeugungen wertgeschätzt werden – und dass dies sowohl für Erkrankungs- als auch Genesungsprozesse bedeutsam ist. Dies bedarf nicht nur angemessener Zeitressourcen, sondere auch Interesse und Kompetenz seitens des Teams. Aus- und Weiterbildungen sind in diesem Bereich unabdingbar.

Take Home Message für die Praxis: Die systematische und strukturierte Erfassung existenzieller/spiritueller Bedürfnisse ist eine wesentliche Voraussetzung, um einem umfassenden Versorgungsauftrag gerecht werden zu können. Notwendig ist eine strukturelle Verankerung dieser Prozesse in den entsprechenden Einrichtungen.