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55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

NPH-Insulin zur Nacht ist 3- bis 12-mal preiswerter als etablierte Therapiestrategien bei der Ersteinstellung des Typ-2-Diabetes auf Insulin

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Bernardo Mertes - MVZ Cardioangiologisches Centrum Bethanien, Diabetologie, Deutschland
  • Nadine Kuniß - Universitätsklinikum Jena, Klinik für Innere Medizin III, Endokrinologie und Stoffwechsel, Jena, Deutschland
  • Guido Kramer - Universitätsklinikum Jena, Klinik für Innere Medizin III, Endokrinologie und Stoffwechsel, Jena, Deutschland
  • Michael Piorkowski - MVZ Cardioangiologisches Centrum Bethanien, Angiologie, Deutschland
  • Günther Egidi - Hausarztpraxis, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocP-01-01

doi: 10.3205/21degam177, urn:nbn:de:0183-21degam1774

Published: September 17, 2021

© 2021 Mertes et al.
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Text

Hintergrund: In nationalen und internationalen Leitlinien für Typ-2-Diabetes werden keine einheitlichen Empfehlungen zur Strategie der Insulintherapie nach Versagen oraler Antidiabetika (OAD) gegeben. Etabliert sind konventionelle (BOT, CIT) und intensivierte (SIT, ICT) Insulin-Therapiestrategien. Dabei wird stets tagsüber Insulin verabreicht (BOT nur Basalinsulin; SIT nur Normalinsulin; CIT feste und ICT flexible Kombination beider Insuline), was einen höheren Schulungs- und Betreuungsaufwand sowie das Risiko für Gewichtszunahme und Hypoglykämie mit sich bringt. Wenn nach Versagen OAD zusätzlich NPH-Insulin zur Nacht (NZN) gespritzt wird, scheinen diese Probleme nicht aufzutreten. In einer Studie konnte nach Versagen von Metformin mit NZN das vereinbarte Therapieziel für HbA1c erreicht und zweieinhalb Jahre lang gehalten werden. Gewichtszunahme oder schwere Hypoglykämien traten dabei nicht auf. Schulungs- und Betreuungsaufwand sind bei NZN minimal.

Fragestellung: Wie unterscheiden sich Therapiekosten verschiedener Insulin-Therapiestrategien während der ersten beiden Behandlungsjahre?

Methoden: Kosten für Schulungs-Einheiten (SE), Blutglukose-Messungen (BM; entspricht Teststreifen und Lanzetten) und Injektions-Kanülen (IK) während der ersten zwei Behandlungsjahre wurden ermittelt für NZN (2xSE + [0,15xBM + 7xIK]/Woche), BOT (5xSE + [7xBM + 7xIK]/Woche), CIT (5xSE + [14xBM + 14xIK]/Woche), SIT (6xSE + [21xBM + 28xIK]/Woche) und ICT (12xSE + [28xBM + 35xIK]/Woche). Es wurde vorausgesetzt, dass vor der Insulinbehandlung eine strukturierte Schulung für Therapie ohne Insulin stattgefunden hat und dass die Insulin-Ersteinstellung im Rahmen einer zielgruppenspezifischen, strukturierten Schulung erfolgt und zwei Jahre lang korrekt durchgeführt wird. Kosten für OAD und Insulin wurden nicht einbezogen.

Ergebnisse: In den ersten beiden Behandlungsjahren kosten NZN 230€, BOT 680€, CIT 1.230€, SIT 1.980€ und ICT 2.690€ (jewelis zuzüglich der Kosten für Antidiabetika).

Diskussion: Nach Versagen der OAD führt die Insulinbehandlung zur Verteuerung der Therapie. Je nach Therapie-Strategie sind Kosten während der ersten beiden Behandlungsjahre im Vergleich zu NZN um das 3- bis 12-fache höher.

Take Home Message für die Praxis: Aus klinischen und ökonomischen Gründen sollte nach Versagen der oralen Antidiabetika zusätzlich NPH-Insulin zur Nacht verordnet werden. Erst nach Versagen dieser einfachen Insulin-Therapiestrategie sollten konventionelle und intensivierte Insulintherapie-Strategien zur Anwendung kommen.