gms | German Medical Science

55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

Depression nach schwerer Sepsis: eine hausärztliche Verlaufsbeobachtung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Monique Böde - Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland
  • Jochen Gensichen - Klinikum der LMU München, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland
  • Fiene Eißler - Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland
  • Thomas Lehmann - Universitätsklinikum Jena, Institut für Medizinische Statistik, Informatik und Datenwissenschaften, Jena, Deutschland
  • Sven Schulz - Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland
  • Florian P. Wolf - Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland
  • Juliana J. Petersen - Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Institut für Allgemeinmedizin, Deutschland
  • Jutta Bleidorn - Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland
  • Tobias Dreischulte - Klinikum der LMU München, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland
  • Konrad Schmidt - Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland; Charité Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV-27-06

doi: 10.3205/21degam153, urn:nbn:de:0183-21degam1534

Published: September 17, 2021

© 2021 Böde et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund: Überlebende einer schweren Sepsis leiden oft nach der intensivmedizinischen Behandlung unter Langzeitfolgen. Darunter fallen auch depressive Symptome. Über deren Verlauf ist bislang wenig bekannt. Die meisten dieser Patienten werden in der Hausarztpraxis nachbetreut.

Fragestellung: Ein-Jahres-Verläufe und assoziierte Faktoren depressiver Symptome bei Überlebenden einer schweren Sepsis in der hausärztlichen Nachbetreuung

Methoden: Daten der randomisierten kontrollierten Studie „SMOOTH“ aus den Jahren 2011 bis 2016 zur hausärztlichen Langzeitversorgung nach Sepsis wurden post hoc analysiert. Depressive Symptome wurden ein, sechs und zwölf Monate nach ITS-Entlassung erhoben, u.a. mit dem Major Depression Inventory (MDI). Die statistischen Analysen umfassten insbesondere ein Growth Mixture Modell (GMM) zur Verlaufsmodellierung.

Ergebnisse: Das GMM identifizierte drei Klassen von depressiven Symptomverläufen über ein Jahr mit signifikant unterschiedlichen MDI-Summenscores unter den 224 eingeschlossenen Patienten:

152 Patienten (67,9%) zeigten initial leichte Symptome, die sich im Verlauf zurückbildeten („milder Verlauf“).

45 Patienten (20,1%) erholten sich von initial schweren Symptomen.

Bei 27 Patienten (12,1%) persistierten die schweren Symptome („schwerer Verlauf“).

Im Vergleich zu den anderen Klassen gaben die Patienten mit „mildem Verlauf“ signifikant weniger chronische Schmerzen und weniger posttraumatischen Stress an. Zudem war die gesundheitsbezogene Lebensqualität innerhalb eines Monats nach ITS-Entlassung signifikant höher. Weitere Korrelationen zeigten sich nicht.

Diskussion: Im ersten Jahr nach Entlassung von der Intensivstation zeigten Sepsis-Überlebende drei unterschiedliche Verläufe depressiver Symptome unabhängig von fachspezifischer Versorgung und sozioökonomischen Charakteristika. Die Versorgung dieser Patienten könnte zukünftig verbessert werden, indem die „schweren Verläufe“ frühzeitig erkannt werden. Limitiert werden die Ergebnisse durch das exploratorische Design und die nicht repräsentative Stichprobe.

Take Home Message für die Praxis: Überlebende einer schweren Sepsis zeigen unterschiedliche Ein-Jahres-Verläufe depressiver Symptome in der hausärztlichen Nachbetreuung. Verlauf und Schweregrad sind mit chronischen Schmerzen, posttraumatischem Stress und reduzierter gesundheitsbezogener Lebensqualität nach ITS-Entlassung assoziiert. Patienten mit Hinweisen auf einen schweren Verlauf profitieren möglicherweise am meisten von einer frühzeitigen Erkennung.